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Von der angeblichen Politikverdrossenheit der Bürger im Allgemeinen und der Jugendlichen im Besonderen war bei der Podiumsdiskussion nichts zu spüren. Zwischen den Teilnehmern fand ein aufrichtiger Diskurs statt, in dem ganz ohne „Politikergehabe“ auch Kooperationsbereitschaft mit „der anderen Seite“ und Kritik an der eigenen Partei geäußert wurden.
Zu Beginn führten auf die Frage nach bestehenden Kooperationen zwischen den Jugendorganisationen Michael Jonitz und Christina Meyer einige Treffen vor allem zwischen den Jungen Liberalen und der Jungen Union an, die Diskussionsrunden abhielten und sich gegenseitig zu Veranstaltungen einladen würden, etwa zum aktuellen Thema der Integration. Jens Crueger erklärte, dass die Vorbehalte, die zwischen Mitgliedern verschiedener Parteien beständen, sich bei einem näheren Kontakt oft auflösten. Oft gäbe es auch gute Beziehungen der jungen Politiker über Parteigrenzen hinweg, etwa zeitweise bei einer „Mittagsrunde“ von Jungpolitikern aus CDU, FDP und den Grünen.
Ausführlich wurde das Thema der Nachwuchsförderung von Parteien erörtert. Die Jungpolitiker konnten auf eine Reihe von Fördermaßnahmen ihrer Parteien verweisen, so etwa Studienfahrten, Mentoringprogramme und Förderung von „jungen Themen“ im Parteiprogramm. Trotzdem musste das Zugeständnis gemacht werden, dass die bestehenden Fördermaßnahmen viele junge Leute nicht erreichten. Überraschenderweise wurde eine Jugendquote von den vier Diskussionsteilnehmern abgelehnt. Die Jungpolitiker begrüßten es einstimmig, dass bei der nächsten Bremer Wahl das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt wird. Allerdings sei dieser Beschluss noch verbesserungsfähig, sagte Linda Neddermann von der Grünen Jugend: „Wir fordern ein Wahlrecht ab null Jahren“. In Bezug auf den Vorschlag, Parteien verstärkt für kurzfristige Projekte zu öffnen, konnte Michael Jonitz berichten, dass bei einem Versuch der CDU, Parteimitglieder in einem zeitlich befristeten Projekt zu engagieren, viele Mitglieder, die sich lange nicht mehr bei der Partei eingebracht hatten, wieder „reaktiviert“ werden konnten.
Bei der Frage, ob Parteien sich mehr Selbstbewusstsein leisten dürften, antwortete Jens Crueger, dass sich diese, so lange sie keine Politiker hervorbringen könnten, die so wie Obama die Menschen überzeugen und für Politik begeistern könnten, „in Demut üben“ sollten. Aufgefordert, in Bezug auf die kommenden Bremen Wahlen Prognosen und Wunschergebnisse zu nennen, gaben sich die Jungpolitiker von den Erfolgsaussichten ihrer Parteien überzeugt. Bis auf Jens Crueger, der sich einer Prognose enthielt, ließen alle Wunsch und Voraussage zusammen fallen: Linda Neddermann rechnet mit einer weiteren Amtszeit von Rot-Grün, Christina Meyer sagte eine Koalition unter Beteiligung von CDU und FDP vorher und Michael Jonitz wünschte sich eine Koalition seiner Partei mit FDP und/oder Grünen, in jedem Fall aber ohne die SPD.
Im offenen Diskurs mit Besuchern, der sich an die Podiumsdiskussion anschloss, wurden noch einige Themen angesprochen, die den Besuchern „unter den Nägeln brannten“. Nachgehakt wurde zuerst bei der Frage der Jugendförderung (welche nach Meinung eines Besuchers von den Jungpolitikern zu euphemistisch beschrieben worden war), bei der Festlegung des Wahlalters ab 16 Jahren und einer Strategie für die Talentförderung von jungen Politikern. Kontrovers diskutiert wurde auch über die Frage nach der Gerechtigkeit unseres Bildungssystems und der besseren Finanzierung von Universitäten, die Möglichkeit von Kritik der Jugendorganisationen an ihren Parteien, die Piratenpartei als Herausforderung für die etablierten Parteien und die Frage nach den Vorteilen der direkten Demokratie.