Event reports
Unter dem Motto „Stärker ohne Gewalt“ haben vom 16. bis 18. September 2006 auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung in Jerusalem israelische und deutsche Experten auf dem Gebiet der Gewaltprävention Wege zur friedlichen Lösung von Konflikten erarbeitet. Unter den insgesamt 25 Teilnehmern der Konferenz, die die KAS und das israelische „SOS-Zentrum für Gewaltstudien“ organisiert hatten, waren hochrangige Polizisten, Psychologen und Pädagogen aus Deutschland und Israel. Auf dem Programm standen neben Vorträgen auch Rollenspiele, bei denen das aktive Erleben simulierter Konfliktsituationen im Mittelpunkt stand. Der deutsch-israelische Erfahrungsaustausch führte auf beiden Seiten zu neuen Impulsen für die weitere Arbeit und für eine zukünftige Kooperation zwischen den Teilnehmern.
Eine deutsche Perspektive präsentierte Carl-Wilhelm Borgstedt, der die Abteilung für Gewaltprävention der Polizei in Gütersloh leitet und dort gemeinsam mit Eltern, Lehrern und den örtlichen Kirchen eine „Allianz für Gewaltprävention“ initiiert hat. In diesem Programm nehmen Schulkinder und Eltern einmal pro Woche gemeinsam an einer Unterrichtseinheit teil, in der Kommunikation, Interaktion und der Umgang mit Problemen und Wut geübt wird. Ziel ist es, die erzieherischen Fähigkeiten von Eltern und Lehrern zu stärken, die Sozialkompetenz von Kindern zu fördern und einen Teamgeist in den Schulklassen aufzubauen – alles mit dem Ziel, gewaltsame Konflikte im Keim zu ersticken.
Die gleiche Absicht verfolgt in Israel Michal Fox, Direktorin der „Community Police Initiative“: Sie bemüht sich in ihrem Dialogprogramm um eine offene Kommunikation zwischen der israelischen Polizei, deren Beamte meist jüdischer Herkunft sind, und den Bewohnern arabischer Ortschaften. So soll das Misstrauen zwischen arabischen Bürgern und Polizisten abgebaut werden und eine Partnerschaft an die Stelle der derzeit häufig anzutreffenden Feindseligkeit treten. Auch als Folge des Programms ist das Ansehen der israelischen Polizei im arabischen Sektor in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.
Als ein erfolgreiches Beispiel für die gewaltfreie Lösung von Konflikten wurde abschließend ausführlich der Abzug der israelischen Siedler und Sicherheitskräfte aus dem Gaza-Streifen behandelt. Dabei schilderten unter anderem Raffi Lev, Chef der Verhaltenswissenschaftlichen Abteilung der israelischen Polizei, und seine Kollegin Yifat Shklar, Chefin der Operativen Planungsabteilung, ihre Erfahrungen bei Vorbereitung und Ausführung des Abzugs: Die beiden waren für die Erarbeitung und Durchführung der Ausbildung von 4400 an der Räumungsaktion beteiligten Polizisten zuständig.
Beim Training der Polizisten, die bereits ein Jahr vor der eigentlichen Mission in Gaza begann, bestand die große Herausforderung darin, den Sicherheitskräften instinktives Verhalten abzugewöhnen: Auf Provokationen wie Beleidigungen und verbale Bedrohungen durfte in keinem Fall gewaltsam reagiert werden, da schon ein einziger Fall von Gewaltanwendung angesichts der gespannten Lage im Land und der allgegenwärtigen Medienvertreter das Scheitern der Operation hätte bedeuten können.
Die bemerkenswerte Disziplin der israelischen Sicherheitskräfte und die Tatsache, dass es während der gesamten Gaza-Räumung nicht zu schweren gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen ist, wurden als Erfolg der gründlichen psychologischen Ausbildung gewertet.
Die Teilnehmer waren sich einig, dass ein zielgerichtetes Training von Eltern, Lehrern und Sicherheitskräften dazu beitragen kann, eine Vielzahl von Konflikten gewaltfrei zu lösen. Ansätze zu einem solchen Training wurden in vielfältigen Rollenspielen erarbeitet und werden in Zukunft als Folge der KAS-Konferenz bei der praktischen Arbeit in Deutschland und Israel angewendet.
Rolf Behrens