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Country reports

Kosovo in Vorbereitung auf Parlamentswahlen

Wie geht es im Dialogprozess mit Serbien weiter?

Im vergangenen Jahr wurde am 19.04.2013 eine Vereinbarung zwischen dem Kosovo und Serbien geschlossen, die zur Normalisierung der Beziehung beider Länder beitragen und gleichzeitig den Weg zur europäischen Integration ebnen soll. Wie es mit dem Dialogprozess in diesem Jahr weitergeht, d.h. wie die Vereinbarungen umgesetzt werden, wird entscheidend von der neuen Zusammensetzung der Parlamente und Regierungen in beiden Ländern abhängen, die in diesem Jahr durch Neuwahlen bestimmt werden.

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Am 17.03.2014 fanden in Serbien Wahlen statt, aus denen die „Fortschrittspartei“ von Aleksandar Vucic mit einer absoluten Mehrheit hervorging. Die Parteienlandschaft in Serbien wurde zwar auf den Kopf gestellt, aber vom neuen starken Mann Vucic und seiner Partei wird erwartet, dass er den eingeschlagenen neuen proeuropäischen Kurs Serbiens, fortführen wird, der dem Land den Kandidatenstatus beschert hat. Im Kosovo bereitet man sich ebenfalls auf vorgezogene Parlamentswahlen vor. Obwohl u.a. die Wahlrechtsreform noch nicht abgeschlossen ist und die Frage der Plätze für Minderheiten im Parlament nicht geklärt ist, haben sich die großen Parteien des Landes auf Parlamentswahlen Mitte Juni geeinigt.

Vor dem Hintergrund dieser Abmachung bereitet sich Kosovo nun auf Parlamentswahlen vor. Der Ausgang der Wahlen in Serbien ebenso wie auch die Diskussion um die Einrichtung eines internationalen Tribunals zur Untersuchung von mutmaßlichen Kriegsverbrechen, die durch Angehörige der KLA (Kosovoarische Befreiungsarmee) begangen wurden, spielt dabei auch für die politische Szene im Kosovo eine Rolle. Die Gründung eines solchen Tribunals wird zurzeit von der Mehrheit der Parlamentarier mit der Begründung abgelehnt, dass die KLA aus Sicht Kosovos eine Befreiungsarmee und keine terroristische Gruppe war. Die meisten Abgeordneten bewerteten es als „unfair“, dass ehemalige KLA Soldaten ausserhalb des Kosovo angeklagt werden und fürchten, dass dem Land dadurch ein Imageschaden zugefügt werde.

Interne Faktoren, die zur Durchführung von Wahlen Mitte Juni beigetragen haben, sind ferner die aktuelle fragile Situation der von der PDK geführten Regierung, die bei Abstimmungen stets um ihre Stimmenmehrheit im Parlament bangen muss, da sie durch Abspaltung und interne Streitigkeiten mit prominenten Parteimitgliedern wie dem Parlamentspräsidenten Jakup Krasniqi und dem ehemaligen Verkehrsminister, Fatmir Limaj, extrem geschwächt ist.

Darüber hinaus geht man im Kosovo davon aus, dass es nach den – trotz einiger Probleme im Norden des Landes – gut gelaufenen Kommunalwahlen 2013 einen positiven Effekt für Parlamentsneuwahlen gibt, die nach diesen lokalen Wahlen besser laufen werden als die Parlamentswahlen im Dezember 2010, die nach internationaler Einschätzung von Betrug und Manipulation überschattet waren.

Der Kosovo hat allerdings seine Hausaufgaben, die der EU-Fortschrittsbericht 2013 für Parlamentswahlen angemahnt hat, nicht erfüllt, denn die geforderte Wahlrechtsreform, die eine Durchführung von Wahlen nach internationalen Standards garantieren sollte, wurde nicht auf den Weg gebracht. Für einen erneuten Reformvorstoß ist die Zeit bis zu den nächsten Wahlen nun zu knapp, aber dies ist ein Punkt, der nach den Wahlen oberste Priorität haben muss. Umso wichtiger ist es, dass die internationale Gemeinschaft, wie auch bei den Kommunalwahlen, wieder eine starke Monitoringpräsenz zeigt, damit Manipulationen kein Raum gelassen wird.

Ein weiteres Problem, das noch nicht gelöst wurde, ist die Frage der Sitze für Minderheiten im Parlament. Im Parlament des Kosovo sind von den 120 Sitzen 20 Plätze für Minderheiten reserviert (zehn für Serben und zehn für andere Minderheiten). Darüber hinaus können die Minderheiten natürlich auch Mandate direkt gewinnen. Es gibt nun eine Debatte darüber, dass diese „reservierten“ in „garantierte“ Plätze für die Minderheiten umgewandelt werden. Das würde bedeuten, wenn bei den nächsten Wahlen die Serben keine zehn Plätze durch Wahlen erreichen, hätten sie immer noch durch diese Regelung zehn Mandate im Parlament sicher. Oder natürlich auch zusätzliche, die sie direkt erringen. Über diese Regelung gibt es Streit, denn die Minderheiten beharren auf dem Recht, diese Plätze im Parlament zu erhalten und sagen, dass die Beibehaltung der Regelung ein Zeichen sei, dass sie in den kosovarischen Institutionen erwünscht seien. Dagegen macht sich Widerstand breit, weil die kosovarische Seite argumentiert, dass die Minderheiten weniger als zehn Prozent der Bevölkerung ausmachen, ihnen aber siebzehn Prozent der Parlamentssitze durch die Verfassung garantiert sind. Es besteht auf kosovarischer Seite die Befürchtung, dass die Serben bei Beibehaltung dieser Regelung durch massive Mobilisierung und Einflussnahme noch mehr Gewicht bekommen könnten, wenn die „reservierten“ Plätze in Anspruch genommen und Direktmandate erzielt werden und auf diese Weise die fragile kosovarische Demokratie womöglich gefährden. Die Minderheitenvertreter im kosovarischen Parlament haben, um Druck auszuüben, nun die Entscheidung über die Umwandlung der Kosovo Security Forces in Kosovo Armed Forces, also in eine kosovarische Armee, an die Beibehaltung dieser Parlamentsitzeregelung geknüpft.

Darüber hinaus wird sich bei den Parlamentswahlen auch zeigen, wie die Einbindung des Nordens gelingt und ob in Zukunft der Abbau der Parallellstrukturen und eine stärke Einbindung in das kosovarische Staatsgefüge wirklich sichtbar werden.

Die Parteienlandschaft vor der Wahl

  • PDK (Demokratische Partei des Kosovo)
Die Regierungspartei des Ministerpräsidenten Thaci musste zwar bei den letzten Lokalwahlen in einigen Kommunen Dämpfer verschmerzen (vgl.: KAS-Länder-berichte und Handbuch zu den Kommunalwahlen auf der Webseite: www.kas.de/Kosovo), bleibt aber die größte Partei des Landes. Die PDK hofft für die Parlamentswahlen auf ihre Stammwähler, allerdings wird auch denen nicht die wirtschaftlich schlechte Lage des Landes, die hohen Arbeitslosenzahlen, die Korruptionsproblematik und die Mängel des Gesundheits- und Bildungssektors, verborgen bleiben. Darüber hinaus konnte die PDK-Regierung die von der Bevölkerung dringend erhoffte Visa-Liberalisierung bisher nicht erreichen und sie machte mit innerparteilichen Zerwürfnissen mit dem Parlamentspräsidenten Krasniqi und dem ehemaligen Verkehrsminister Limaj viele negative Schlagzeilen. Die beiden Politiker haben nun eine eigene politische Initiative mit dem Namen NISMA (Nisma per Kosoven – Initiative für Kosovo) gegründet, die der PDK Schwierigkeiten bereiten könnte, weil sie ihr Wähler wegnimmt. Der Premierminister und Parteivorsitzende Thaci versuchte dem Negativtrend kürzlich mit einer sehr populistischen Ankündigung der Erhöhung der Löhne des öffentlichen Dienstes um 25 Prozent zu begegnen, von der aber nicht klar ist, wie sie finanziert werden soll.

  • LDK (Demokratische Liga Kosovo)
Die LDK hat bei den letzten Kommunalwahlen zwar die Hauptstadt Pristina verloren, konnte aber dafür einige andere wichtige Kommunen hinzugewinnen und hat sich als zweitstärkste Kraft des Landes gut etabliert. Daraus schöpft ihr Vorsitzender, Isa Mustafa, für die Parlamentswahlen neue Hoffnung und erwartet, dass er und seine Partei wieder in die Regierungsverantwortung gelangen, in welcher Koalition allerdings, darüber gibt es fast täglich neue Gerüchte und Vermutungen. Nach der Abspaltung einiger Parteimitglieder aus der LDK, die zur Gründung der Partei LDD – Demokratische Liga Dardaniens im Jahr 2006 führten und den Regierungsverlust der LDK im Jahr 2007 einläuteten, ist es Mustafa gelungen, die internen Strukturen der LDK neu zu ordnen und die Partei in die Europäische Volkspartei (EVP) einzubinden, in die sie im Oktober 2012 als beobachtendes Mitglied aufgenommen wurde. Wenn es ihm und der LDK gelingt, im Wahlkampf die Schwächen der PDK – vor allem durch die Gründung der Initiative NISMA - herauszuarbeiten und den Eindruck zu vermitteln, dass die PDK zu lange die Regierungsverantwortung getragen hat, dann könnte eine Wählermobilisierung erreicht werden, die der LDK zu einem Erfolg bei den Parlamentswahlen verhilft.

  • AAK (Allianz für die Zukunft des Kosovo)
Die Partei lebt von der charismatischen Persönlichkeit des ehemaligen Premierministers Ramush Haradinajs, der im Moment unentschlossen scheint, ob er Thaci und die PDK unterstützt oder sie bekämpft. Die AAK konnte bei den letzten Kommunalwahlen insgesamt betrachtet, die Anzahl der Stimmen erhöhen, hat aber dennoch für sie wichtige Kommunen verloren. Trotzdem könnte die Partei am Ende als die Königsmacher dastehen.

  • VV (Vetventdosje – Selbstbestimmung)
Bei den Kommunalwahlen konnte die VV mit der Wahl Shpend Ahmetis zum Bürgermeister der Hauptstadt Pristina einen Erfolg erzielen, doch muss dieser jetzt zeigen, ob er wirklich alles besser macht, als die etablierten Parteien vor ihm. Die Stadt Pristina wird auch bei dem Ausgang der Parlamentswahlen für die VV entscheidend sein, die bei den Lokalwahlen von 13 auf acht Prozent abrutschte. Sie erscheint stets hin und her gerissenen zwischen fortschrittlichen Strömungen und extremen nationalistischen Ansichten, die u. a. auch eine Ablehnung des Dialogs mit Serbien und jegliche internationale Einmischung im Kosovo beinhalten. Die VV sieht sich als einzige Alternative und attackiert im Moment Regierung und Opposition gleichermaßen. Wahrscheinlich wird sie bei den Parlamentswahlen mit der AAK um den Platz als drittstärkste Partei kämpfen.

  • AKR (Allianz neues Kosovo)
Die Partei des ehemaligen, kurzzeitigen Staatspräsidenten Pacolli konnte bei den Kommunalwahlen mit Erfolgen in den Städten Gjakova und Mitrovica punkten, doch wird es für sie schwierig werden, die Fünfprozenthürde zu überspringen.

Alle Parteien sind schon jetzt in eine Art Wahlkampfmodus eingetreten und die Rhetorik wird schärfer. Wer mit wem koalieren wird, ist völlig offen. Es bleibt zu hoffen, dass im neuen Parlament und in der zukünftigen Regierung Vertreter sitzen werden, die den Kurs des Kosovo sowohl im Dialogoprozess mit Serbien und mit der EU, u. a. durch die begonnenen Verhandlungen zum Stablitäts- und Assoziierungsabkommen sowie zur Visaliberalisierung konstruktiv fortsetzen und die Probleme des Landes ernsthaft in Angriff nehmen werden.

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