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Die regierende PDP hatte einen erbitterten und auf Tribalismus und Religionszugehörigkeit basierenden Wahlkampf gegen die APC geführt. Die APC, welche weit weniger Ressourcen für den Wahlkampf zur Verfügung hatte, konzentrierte ihre Wahlkampfrethorik auf die Unzulänglichkeiten der Regierung und Versprechungen hinsichtlich der Schaffung von Arbeitsplätzen; Verbesserungen im Agrarsektor und der Infrastruktur des Landes. Desweiteren versprach man eine von Korruption und Veruntreuung von Steuergeldern.
Schon vor den Wahlen war klar, dass bei einigermaßen freien und nicht gefälschten Wahlen die APC gewinnen würde. Selbst bei traditionellen PDP Wählern machte sich angesichts der Verfehlungen und einer Korruption auf höchstem Niveau eine Stimmung gegen eine weitere Regierung unter Jonathan Goodluck breit. Da die PDP aber keinen neuen Präsidentschaftskandidaten aufstellte, gingen selbst eingefleischte PDP-Wähler entweder nicht zur Wahl oder wählten APC.
Im Februar hatte sich sogar der ehemalige Präsident und PDP-Gründer Olusegun Obasanjo aus Protest gegen Präsident Jonathan öffentlichkeitswirksam (zerreißen seiner PDP-Mitgliedskarte) von der PDP getrennt. Nach Verkünden des Wahlsieges von General Buhari hat er als Ausdruck seiner Freude und festgehalten auf einem Video öffentlich getanzt.
Der Wahltag selbst verlief relativ ruhig, trotz einiger technischer Pannen, ein paar bekannt gewordener Wahlfälschungen und dem Verschwinden einiger Wahlurnen sowie einigen gewalttätigen Auseinandersetzungen. In den Wahlbezirken, in denen die „Card Reader“, Geräte, welche den Fingerabdruck des Wählers erkennen sollten, nicht funktionierte, wurden die Wahlen am 29. März wiederholt. Internationale Wahlbeobachter bezeichneten die Abstimmung als weitgehend frei und friedlich.
Dienstagabend gestand der amtierende Präsident Jonathan seine Niederlage ein und gratulierte Buhari am Telefon zum Sieg. Seine Anhänger rief er dazu auf, das Ergebnis zu akzeptieren. Inwieweit dieses Verhalten dem Druck internationaler Beobachter, den USA, der EU, aber auch dem in Nigeria anwesenden Leiter der ECOWAS Wahlbeobachtergruppe, dem ehemaligen ghanischen Präsidenten John Kufuor, zu verdanken ist, wird sich eventuell später zeigen. Aber zunächst zählt, dass mit der Anerkennung der Wahlniederlage erst einmal ein friedlicher und fairer Wahlausgang gesichert wurde.
Überraschenderweise verweigerten die Repräsentanten der PDP jedoch ihre Unterschrift als Jega am Mittwoch die Urkunde mit dem offiziellen Wahlergebnis vorlegte. Als Sprecher der PDP erklärte Bello Fadile, dass seine Partei das Ergebnis der Wahlen auf dem Gerichtsweg anfechten werde.
Es gibt noch einen weiteren wichtigen Unsicherheitsfaktor. Die PDP hatte vor den Wahlen ein Gerichtsverfahren, anhängig beim High Court in Abuja, eingeleitet, um die Kandidatur von General Buhari zu verhindern. Er hat das laut Verfassung notwendige und vorzulegende Abschlusszeugnis der Secondary School (Abiturzeugnis) nicht bei der Wahlkommission eingereicht, sondern darauf verwiesen, dass alle seine Originalzeugnisse bei den Personalunterlagen des Militärs sind. Die Militärverwaltung hatte mitgeteilt, dass sie keine Unterlagen finden kann und nun soll der High Court darüber befinden, ob General Buhari überhaupt die Voraussetzungen für eine Kandidatur erfüllt. Der High Court hätte sein Entscheidung 5 Tage vor den Wahlen verkünden sollen, dann aber die Entscheidung ohne stichhaltige Begründung auf den 22. April verschoben. Sollte das Gericht das Verfahren nicht niederschlagen sondern am 22. April verkünden, dass die Kandidatur General Buharis nicht rechtmäßig war, wären die Konsequenzen wohl fürchterlich. Es bleibt zu hoffen, dass kein Richter die Schuld für einen dann eventuell drohenden Bürgerkrieg auf sich laden will.
Kommenden Samstag, dem 04. Februar 2015, findet in Nigeria der zweite Wahlmarathon, nämlich die Gouverneurswahlen, statt. Die Gouverneurswahlen sind für Nigeria von besonderer Bedeutung, da die Gouverneure durch ihre Kontrolle der Exekutive und ihres großen Einflusses auf die Legislative eine fast unbeschränkte Macht über ihre Staaten und deren Entwicklung haben. Gouverneure können einen Präsidenten zu Fall bringen und es wird vor allem in den südlichen Staaten Nigerias spannend werden, wo sich Kandidaten der PDP oder der APC durchsetzen können. Auch bei den Gouverneurswahlen ist mit Ausschreitungen und Betrugsversuchen zu rechnen, welche sich hoffentlich in einem kleinen Rahmen bewegen werden.
„Jetzt ist nicht die Zeit für Kämpfe", sagte der neu gewählte Präsident Buhari am Mittwoch und es bleibt zu hoffen, dass diese Erkenntnis sich nicht nur die Gewinner der Wahlen sondern auch die Verlierer zu eigen machen. Noch steht die Drohung der Milizen des Nigerdelta, der Heimal von Goodluck Jonathan, im Raum, dass diese bei einer Niederlage „ihres Präsidenten“ Nigeria unregierbar machen wollten. In diesem Jahr läuft ein 2009 geschlossener Friedensvertrag mit den Rebellen im Nigerdelta aus und Buhari hatte versprochen, den sehr reich gewordenen Rebellen kein Schutzgeld mehr zahlen zu wollen. Erschwert wird dies, da Jonathan Goodluck den Milizen vor nicht allzu langer Zeit den Schutz der Pipeline übertragen und die Militärs in die Städte abgezogen hat.
Das Nigerdelta ist durch seine Ölressourcen für die neue Regierung die wichtigste Einnahmequelle und ermöglicht es bei den derzeit geplünderten Staatskassen, dass Gelder für Regierung und Entwicklung des Landes bereit stehen. Wahrscheinlich muss der IWF und andere Geber sowieso eine Überbrückung und finanzielle Unterstützung leisten, damit die neue Regierung überhaupt handlungsfähig ist.
Es bestehen bei den meisten öffentlichen Einrichtungen monatelange Rückstände bei der Zahlung von Gehältern. Die Zentralbank hat keine Devisen mehr. Infrastrukturmaßnahmen kamen aufgrund mangelnder Zahlung ins Stocken, was wiederum auch zu Verlust von Arbeitsplätzen führte. Die Ölförderanlagen sind veraltet und Raffinerien so rar, dass Nigeria das meiste Benzin aus dem Ausland importieren muss. Sollte der neue Präsident die Benzinpreise, welche Goodluck Jonathan noch kurz vor den Wahlen gesenkt hatte, wieder erhöhen, kann ihm dies erste landesweite und gewalttätige Proteste einbringen.
Die Liste der Probleme ist lang und auf Buhari lastet ein hoher Erwartungsdruck. Grundvoraussetzung für die Problemlösungsfähigkeit der neuen Regierung ist jedoch Frieden und Stabilität. So ist es wahrscheinlich, dass der neue Präsident viele seiner politischen und wirtschaftlichen Versprechen nur mittelfristig umsetzen kann. Bleibt zu hoffen, dass dies alles so gelingt und die neuen Machtverhältnisse in Nigeria nicht durch geschickte Manöver und Winkelzüge in eine gefährliche Schieflage kommen. Bis zur Amtseinführung des neuen Präsidenten und der Abgeordneten Ende Mai bleibt es spannend.
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