Losbasierte Bürgerräte sind mittlerweile im Politikbetrieb auf der Bundesebene angekommen. Im Juni 2020 beschloss der Ältestenrat des Deutschen Bundestags die Durchführung eines Bürgerratsverfahrens. So hat Anfang 2021 der Bürgerrat „Deutschlands Rolle in der Welt“ seine Arbeit aufgenommen. Seine in zehn Online-Veranstaltungen erarbeiteten Empfehlungen zur Außenpolitik wurden kürzlich vorgestellt und werden in ein Bürgergutachten gefasst und dem Bundestag überreicht. Mit diesen Empfehlungen haben die Bundestagsfraktionen eine weitere Grundlage, um politische Ideen und Programme weiter zu entwickeln.
In unserer Studie „Zukunftsmodell Bürgerrat?“ untersuchen wir die Fragen der konkreten Ausgestaltung des Prozederes, die Umsetzungsprobleme und deren Lösungsansätze. Antworten darauf können die Bürgerratsverfahren in den anderen Staaten bieten. Der erste Beitrag von Manuela Glaab nähert sich dem Thema aus demokratietheoretischer Perspektive, geht jedoch auch auf die Praxis ein. Der zweite Beitrag von Tobias Montag und Alexander Beribes untersucht vergleichend die beiden Bürgerräte auf nationaler Ebene in Irland und Frankreich sowie zwei regionale Fallbeispiele im österreichischen Bundesland Vorarlberg und in Ostbelgien. Den Abschluss bilden ausgewählte Thesen, die Anregungen für die Umsetzung und Weiterentwicklung der Bürgerräte enthalten.
Bei der Umsetzung der Bürgerratsverfahren sind folgende Punkte zu bedenken:
Bürgerräte und Parlamente können in eine Legitimationskonkurrenz zueinander treten. Sie wird verhindert, wenn das Parlament klarer Auftraggeber des Verfahrens ist.
Das Parlament sollte sich Einfluss auf die Verfahrensgestaltung durch die Einrichtung einer organisierenden Geschäftsstelle oder Steuerungsgruppe sichern, die Teil der Parlamentsverwaltung ist.
Innerhalb des staatlich gesetzten Rahmens brauchen Bürgerräte Handlungsspielräume.
Bürgerräte, die mit Hoffnungen oder Legitimationsansprüchen überfrachtet werden, sind zum Scheitern verurteilt. Die überzogenen Erwartungen sollten abgerüstet werden.
Die Wirksamkeit von Bürgerräten ist begrenzt. Positive Effekte lassen sich vor allem bei dem sehr engen Teilnehmerkreis ausmachen. Bürgerräte müssen deshalb in eine bereitere öffentliche Kampagne oder einen allgemeineren Bürgerdialog eingebunden werden.
Lesen Sie die gesamte Publikation hier als PDF.
Wir haben uns mit Alexander Beribes für ein Interview getroffen, um mit ihm über die wichtigsten Erkenntnisse der Publikation zu sprechen. Alexander Beribes ist Mitautor der Studie und bei der Konrad-Adenauer-Stiftung für das Thema Europapolitik verantwortlich.
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