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Wird die Erweiterun der EU zu Lasten der Vertiefung gehen?

Besuch von Bundestagspräsident Lammert in Warschau

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Zu einem offiziellen Besuch auf Einladung des polnischen Sejmmarschalls Marek Jurek (PiS) hielt sich Bundestagstagspräsident Dr. Norbert Lammert (CDU) vom 15. bis 17. Februar in Polen auf. Er wurde von drei Journalisten der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, des Stern und der Deutschen Presseagentur begleitet. Auf dem Programm standen u.a. Gespräche mit dem polnischen Parlaments-präsidenten Jurek und dem Senatspräsidenten Borusewicz (PiS), mit dem polnischen Premierminister und der Außenministerin sowie mit dem Präsidenten. Daneben gab es gemeinsame Essen mit Vertretern der polnisch-deutschen Parlamentariergruppe und des Auswärtigen Ausschusses des Sejm. Am 17. Februar besuchten die Parlamentspräsidenten den Wahlkreis von Sejmmarschall Jurek in Piotrków Trybunalski südwestlich von Warschau.

Auf einer Diskussionsveranstaltung am 16. Februar nachmittags im Senatssaal der Warschauer Universität, die vom Zentrum für Internationale Beziehungen und der Konrad-Adenauer-Stiftung ausge-richtet wurde, debattierten die beiden Parlamentspräsidenten vor einem ausgesuchten Fachpublikum über Europa. Bundestagspräsident Lammert verwies dabei in freundlichen, aber klaren Worten auf die Folgen eines Scheiterns des EU-Verfassungsprozesses; dann werde es ein Europa der zwei Geschwindigkeiten und keine weiteren Beitritte geben. Entscheidend sei der Wille, jenseits nationaler Einzelinteressen zu einem gemeinsamen Ergebnis zu gelangen und in der EU Mehrheitsentscheidungen zu akzeptieren. Gäbe es diese Akzeptanz nicht, so sei die EU als politische Union am Ende. Erst in späteren Jahren werde man beurteilen können, ob die Osterweiterung schließlich zum Ende der Vertiefung der politischen Union geführt habe. Heute sei dies eine offene Frage, die der Antwort harre. Die EU lebe von dem grundlegenden Vertrauen untereinander; dieses sei offensichtlich in der polnischen Bevölkerung laut Umfragen stärker ausgeprägt als bei der Regierung.

Jurek betonte demgegenüber die Erwartung konkreter Solidarität in der EU mit Blick auf Russland, die Energiepolitik und die Nachbarschaftspolitik. Er plädierte für die Perspektive weiterer Erweiterungen durch die Ukraine, Georgien und die Türkei. Die Verfassung sei eine „Zukunftsfrage“, die PiS-Regierung nehme hier eine andere Position ein, als die Vorgängerregierung, die den Verfassungsvertrag unterschrieben hat. Die unterschiedlichen Interessen müssten in der EU berücksichtigt werden. Eine Vertiefung könne über die konkrete Zusammenarbeit erreicht werden. Auf die Frage, ob die polnische Regierung ein größeres Misstrauen gegenüber Deutschland hege als frühere, antwortete Jurek, das Misstrauen und die Kritik richte sich gegen bestimmte Tendenzen in Deutschland wie die Preußische Treuhand. Hier erwarte man klare Reaktionen der Politik und Regierung in Deutschland.

Die Präsidenten stimmten überein im Begriff Europas als einer Idee mit einer wesentlich auch christli-chen Identität. Welcher Art diese christliche Identität ist, ob mehr national oder gemeinschaftlich ge-prägt, darüber scheinen die Meinungen auseinander zu gehen.

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