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Politsnack

Revolution oder Risiko?

Wie KI den Wahlkampf verändert und was die Wählerinnen und Wähler nicht wissen.

Die Rolle der Künstlichen Intelligenz (KI) hat sich im politischen Wahlkampf in den vergangenen Jahren rasant verändert. Was einst als technische Spielerei begann, hat sich inzwischen zu einem unverzichtbaren Werkzeug für politische Parteien entwickelt. Doch während die Technologie für viele Kampagnenmanagerinnen und -manager wie ein Segen erscheint, gibt es auch berechtigte Bedenken hinsichtlich ihrer Risiken und ethischen Herausforderungen.

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Die Chancen: Effizienz und Personalisierung

Eine der größten Stärken von KI im Wahlkampf liegt in der Effizienz. Texte werden schneller geschrieben und korrigiert. Ganze Contentpläne können mit ChatGPT geplant, erstellt und ausformuliert werden. Und auch die Bürgerkommunikation kann es direkter machen. Schon während Corona haben wir als CDU-Landtagsfraktion erstmal KI in Form eines Chatbots eingesetzt, um über aktuelle Entwicklungen zu berichten und Fragen zu Verordnungen zu beantworten.

Im Landtagswahlkampf 2024 sind wir natürlich nicht um KI herumgekommen. Besonders beeindruckend ist der Einsatz personalisierter Videos. Ein Projekt, das mich selbst faszinierte, war die Produktion eines personalisierbaren Videos für Wählerinnen und Wähler, in dem unser Spitzenkandidat Mario Voigt jeden direkt anspricht und dafür zunächst auch jeden Namen persönlich einsprach (knapp zwei Stunden hat es gedauert und die Namen wurden immer spannender). Das Video war ein Hit und hat sich auch durch ein personalisiertes, durch KI generiertes Tattoo auf meinem Arm ausgezeichnet. Reihenweise wurden mir Screenshots von Empfängerinnen und Empfängern zugesendet, die das Video gesehen hatten.

Schon beim zweiten Video kam für uns Voice Cloning zum Einsatz, wodurch diese Aufgabe deutlich schneller und effizienter wurde. Dieses Beispiel veranschaulicht die rasante Weiterentwicklung der Technologie und die damit einhergehenden Möglichkeiten. KI bietet die Chance, eine tiefere, personalisierte Ansprache zu realisieren – und das in einem Umfang, der menschlich kaum machbar wäre.

Risiken: Manipulation und Desinformation

Doch KI birgt auch Risiken, die nicht übersehen werden dürfen. Ein besorgniserregendes Beispiel dafür zeigte sich in der Nutzung von KI durch die AfD Brandenburg. Hier wurden propagandistische Videos erstellt, die Szenen zeigen, die wenig mit der Realität in Deutschland zu tun haben. Diese Form der Manipulation durch KI kann das Vertrauen in die politische Kommunikation, in Parteien und in die Demokratie selbst gefährden. Es ist daher entscheidend, dass der Einsatz von KI klar gekennzeichnet wird, um Transparenz zu gewährleisten und Missbrauch zu verhindern.

Auch der Missbrauch von KI für die Verbreitung von Hass, Hetze und Desinformation ist ein ernstes Problem. Automatisierte Bots, die Fake News und extremistische Inhalte verbreiten, können den gesellschaftlichen Diskurs vergiften und das Vertrauen in demokratische Institutionen untergraben. Eine echte Bot-Flut haben wir etwa auf Mario Voigts Twitter/X-Kanal erlebt, der innerhalb einer Nacht 8.000 neue Follower bekommen hatte – keiner davon war ein Befürworter. Stattdessen haben Bots von nun an jeden Post direkt mit Hass und Fakes überfallen. Gleiches trat dann auch zunehmend bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die X nutzen ein. Es hat uns gezeigt, dass klare Regeln und Mechanismen gefragt sind, um sicherzustellen, dass KI nicht zur Verbreitung von Hass und Hetze instrumentalisiert wird.

Was Wählerinnen und Wähler oft nicht wissen: Subtilität der Technologie

Viele Wählerinnen und Wähler nehmen gar nicht wahr, wie sehr KI bereits in den Wahlkampf integriert ist. Oft arbeitet die Technologie so subtil im Hintergrund, dass ihre Präsenz kaum auffällt. META-Advantage-Anzeigen und ChatGPT-erstellte Texte sind Beispiele dafür, wie KI-Kampagnen unterstützt, ohne dabei die menschliche Kreativität zu ersetzen. Doch diese Subtilität wirft auch Fragen auf: Wie können wir sicherstellen, dass die Wähler wissen, wann und wie KI im Wahlkampf zum Einsatz kommt? Hier ist Transparenz der Schlüssel.

Kürzlich hat das Österreicher Kampagnen-Unternehmen CamBuildr zu einem Webinar über den KI-Einsatz im Wahlkampf eingeladen. Dr. Simon Kruschinski von der Johannes-Guttenberg-Universität in Mainz hat dabei die „die größte Studie zu KI in der deutschen Politik“ vorgestellt. Ein besonderes Learning war für mich, dass die meisten Nutzerinnen und Nutzer den Einsatz von KI befürworten. Zwar haben die Nutzerinnen und Nutzer Vorbehalte, doch diese wirkt sich nicht auf die Wahrnehmung aus. Der vollständige Bericht zur Studie wird noch veröffentlicht. Einen spannenden Beitrag von Dr. Simon Kruschinski im Deutschlandfunk ist hier zu finden.

KI als Werkzeug, nicht als Ersatz

Künstliche Intelligenz bietet zweifellos enorme Chancen im Wahlkampf. Sie ermöglicht eine gezieltere Ansprache, steigert die Effizienz und hilft dabei, Inhalte schneller zu produzieren. Doch diese Vorteile dürfen nicht über die ethischen Herausforderungen und Risiken hinwegtäuschen. Der verantwortungsvolle Umgang mit KI und eine klare Kennzeichnung ihrer Nutzung sind unerlässlich, um das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler zu bewahren und Missbrauch zu verhindern. Am Ende bleibt KI ein Werkzeug – aber das politische Gespür und die kreative Strategie liegen nach wie vor in den Händen der Menschen.

Der Wahlkampf der Zukunft wird jedenfalls weiter von der KI geprägt sein. Entscheidend wird sein, wie Parteien und Politikerinnen und Politiker diese Technologie nutzen – und wie transparent sie darüber kommunizieren.

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About this series

Rund um die Themen Kommunikation, Kampagnenmanagement und Digitale Strategie gibt der Blog Einblicke in aktuelle Trends der Politischen Kommunikation. Kommunikationsexpertinnen und -experten geben innovative, praktische Tipps für die politische Kampagne und für die Umsetzung.

Saskia Gamradt

Saskia Gamradt

Political Communication

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