Dieser Frage widmete sich Michael Mertes beim Talk im Bahnhof im Krefeld. Der Autor und freie Publizist war drei Jahre lang Leiter des KAS-Büros Israel. Vorab begrüßt Simone Habig, die Leiterin des Regionalbüros Rheinland der Konrad-Adenauer-Stiftung die Gäste und führt in das machtpolitische Spannungsfeld der Situation zwischen Israel, der EU, dem Iran und den USA ein: „Hat die EU in diesem Feld nur eine Zuschauerrolle?“
Ferne Konflikte und Herausforderungen?
In seinem Grußwort spricht der Schirmherr der Veranstaltung Ansgar Heveling MdB über seinen Besuch in der Gedenkstätte Yad Vashem. Die Aktualität der Geschehnisse im Nahen Osten seien ein wichtiger Anlass, sich zu informieren und zu diskutieren: „Mir ist klar geworden, wie nah Israel uns sein sollte und wie wichtig es für unsere Tagespolitik ist.“
„Wenn alle mit etwas mehr Konfusion nach Hause gehen, habe ich mein Ziel erreicht“
Seinen Vortrag beginnt Michael Mertes mit einem Witz, der direkt zeigt: Dieses komplexe Thema kann nicht an einem Abend durchdiskutiert werden. Also gibt er Impulse zum Nachdenken – denn kaum jemand kennt alle Bereiche. In seinem Vortrag geht er auf die Beziehungen zwischen der EU und Israel ein, spricht über die regionale Situation und gibt neue Einblicke in den israelisch-palästinensischen Konflikt.
Jüdisches Leben in Europa muss möglich sein
Im 19. Jahrhundert lebten 90 Prozent der jüdischen Menschen in Europa – heute sind es nur neun Prozent: „Und es wäre eine Schande für Europa, wenn diese neun Prozent den Eindruck bekämen, dass jüdisches Leben auf diesem Kontinent nicht mehr möglich sei.“ Die Partnerschaft zwischen Deutschland und Israel sei auf vielen Ebenen gut, Israel sei eines der innovativsten Länder auf der Welt und könne vielen europäischen Ländern als Beispiel dienen.
Warum die EU und Israel auseinanderdriften
Mertes räumt mit dem Gedanken auf, dass Israel „ein Ableger Europas sei“ – viele der dort lebenden Juden seien aus arabischen Herkunftsländern.“ Ein weiterer Punkt ist der Anstieg von judenfeindlichen Einstellungen in Europa und die europäische Haltung zur umstrittenen Siedlungspolitik Israels. Auch die Lage im Nahen Osten, die Mertes als „machtpolitische Antagonie“ zwischen dem Iran und Saudi-Arabien und ihren jeweiligen Verbündeten beschreibt, trägt zu Instabilität bei.
Zwei Staaten für zwei Völker
Mertes beschreibt, dass die favorisierte Zwei-Staaten-Lösung noch in weiter Ferne sei – und die Alternativen dazu „aus völkerrechtlicher und humanistischer Sicht unmöglich“ seien: In einer Studie wurden zwei Konzepte für eine Ein-Staat-Lösung untersucht – beide gehen entweder mit einer Ungleichberechtigung oder der Vertreibung eines Volkes einher. Auf beiden Seiten gibt es für diese Konzepte teilweise Zustimmung – nicht so viel, dass sie umgesetzt werden, „aber leider zu viel, als dass man es ignorieren kann.“
Katastrophe oder Wunder?
Nach einer Lösung sieht es gerade nicht aus, doch „man soll die Hoffnung nicht aufgeben.“ Das Ziel sei Frieden in der ganzen Region – und das sei eine Generationenaufgabe. Im Anschluss stellen sich Mertes und Heveling einer regen Diskussion mit dem Publikum. Perspektiven für Anerkennungen und Friedensmöglichkeiten werden diskutiert und - ab wann gilt etwas eigentlich als antisemitisch? Für Martes einfach zu beantworten „Wenn man Israel für das kritisiert, was es ist, dann ist es Antisemitismus. Wenn man es für das, was es tut kritisiert, ist es legitime Kritik.“ Für Heveling ist klar, dass im Bereich Antisemitismusprävention noch einiges passieren soll: „Das ist auch immer eine Frage der Zivilgesellschaft – und da passiert gerade einiges.“
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