Lecture
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Der Begriff der „offenen Gesellschaft“ wurde vom Philosophen
Karl Popper geprägt und kennzeichnet das Selbstverständnis
der modernen Demokratie. Sie setzt nicht nur
individuelle Freiheit, sondern auch die Verantwortung für
das eigene Handeln voraus. Popper zeichnete das Bild einer
ideologiefreien Gesellschaft, in der sich geltende Regeln im
demokratischen Diskurs herausbilden.
Demgegenüber stellte er das Modell der „geschlossenen
Gesellschaft“. Zentrales Merkmal war der Kollektivismus,
der im Mittelpunkt der sozialistisch-kommunistischen
Ideologie stand. Die SED formulierte den Anspruch, in allen
politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen
über die alleinige Entscheidungskompetenz zu verfügen.
Ihr Machtmonopol sicherte sie sich über die ideologische
Durchdringung des öffentlichen und privaten Lebens. Viele
haben diese Vereinnahmung durch das sozialistische
Kollektiv als Zwang und Bevormundung empfunden. Andersdenkende
sahen sich gezwungen, in Parallelwelten zu
flüchten. Sie leisteten aber auch Widerstand und wurden
dafür verfolgt.
Angesichts der aktuellen Entwicklungen scheint es, dass
man sich heute wieder stärker nach den vermeintlichen
Vorzügen des „geschlossenen Systems“ DDR zurücksehnt.
Genannt werden an dieser Stelle häufig die größere Solidarität
untereinander oder die bessere soziale Absicherung.
Freiheit ist sowohl individuelle als auch gesellschaftliche
Aufgabe. Es ist wichtig, sich zu engagieren und sich mit der
eigenen Geschichte auseinanderzusetzen. Schlussstriche
passen nicht in eine Demokratie.
Wie viel Gemeinschaft verträgt der Einzelne und wie viel
Individualität braucht die Gemeinschaft? Wer hat die
Deutungshoheit über gesellschaftliche Veränderungsprozesse?
Und wie wollen wir die Auseinandersetzung mit der
DDR künftig führen? Im Rahmen der diesjährigen Belter-
Dialoge wollen wir darüber ins Gespräch kommen.