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Als eine der Konfliktregionen im 21. Jahrhundert ist Südasien sowohl geprägt von klassischen Territorialkonflikten (u.a. Kaschmir-Konflikt; Durand-Linie) und nuklearer Aufrüstung (Indien/Pakistan) wie auch von neuen transnationalen Risiken, darunter ethnisch-religiöse Spaltungen, transnational operierende militante oder kriminelle Gruppen oder Klimaschäden.
Im Gegensatz zu Zentral- oder Südostasien, wo eine fortschreitende regionale Integration und Institutionalisierung stattfand, beispielsweise im Sicherheitsbereich mit der Shanghai Cooperation Organisation (SCO) oder dem ASEAN Regional Forum (ARF), ist Südasien wenig institutionalisiert. Die 1985 zur wirtschaftlichen Kooperation gegründete Südasiatische Vereinigung für regionale Kooperation (SAARC) ist politisch zu heterogen und gespalten, um aktuell als Forum für eine fortgeschrittene Integration zu dienen. SAARC wird daher durch andere bi- oder trilaterale Kooperationsformen umgangen oder überlagert, wie zum Beispiel durch den International North-South Transport Corridor (INSTC) zwischen Russland, Iran und Indien (mit Einbezug Afghanistans), dem China-Pakistan Economic Corridor (CPEC) als Vorzeigeprojekt von Chinas Belt and Road Initiative (BRI), oder der regionalen Organisation BIMSTEC (Bay of Bengal Initiative for Multi-Sectoral Technical and Economic Cooperation), die mit Bangladesch, Indien, Sri Lanka, Myanmar, Thailand, Nepal und Bhutan eine engere Zusammenarbeit zwischen Süd- und Südostasien anstrebt.
Seit über 15 Jahren treffen sich aus allen Ländern Südasiens je 10 ausgewählte WirtschaftsstudentInnen pro Land in einem SAARC-Mitgliedsland, um über Herausforderungen und Chancen regionaler Integration und Entwicklung in Südasien zu debattieren.
Der Ansatz von SAESM ist es, die Region Südasien als Ganzes und über politische Konfliktlinien hinweg zu verstehen. Dementsprechend nehmen an den jährlichen SAESM-Workshops Studenten aus allen SAARC-Mitgliedsländern teil (derzeit mit Ausnahme der Malediven). Zu den SAARC-Gründungsstaaten zählen Indien, Pakistan, Bangladesch, Sri Lanka, Nepal, Bhutan und die Malediven; 2007 kam Afghanistan als neues Mitglied hinzu.
Auf der Agenda stehen globale Phänomene und regionale Herausforderungen, die sich durch Kooperation und Integration besser lösen lassen, u.a.:
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Bevölkerungswachstum und Alterung der Gesellschaft
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Geschlechterkluft und -diskriminierung in Bildung und Karriere
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Urbanisierung und Landflucht / Migration
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Klimaschäden und knappe Ressourcen
SAESM steht für Cultural Learning und Vertrauensbildung sowie für regionalen wissenschaftlichen Austausch und Integration.
Die Maßnahme soll einen wissenschaftlich anspruchsvollen, akademischen Austausch zwischen den verschiedenen Partner-Universitäten Südasiens stärken und als vertrauensbildende Maßnahme auf niedrigschwelliger Ebene persönliche Kontakte ermöglichen. Insbesondere zwischenmenschliche Kontakte zwischen Afghanistan, Indien und Pakistan sind angesichts der gegenwärtigen Spannungen in der Region umso wichtiger.
Während der SAESM-Woche erhalten die TeilnehmerInnen die Möglichkeit, die wissenschaftlichen Diskurse und Standards der Nachbarländer kennenzulernen. Für die junge, nachwachsende Generation bietet SAESM zudem die Möglichkeit, die Chancen und Potenziale ihrer eigenen Region zu entdecken; auch für ihre späteren beruflichen Karrierepläne.
Für die StudentInnen aus Südasien ist es oftmals das erste Mal, dass sie mit gleichaltrigen Menschen aus der Nachbarschaft direkt in Kontakt kommen. Es gehört zu den wenigen Begegnungsstätten, wo sich Inder, Pakistanis und Afghanen in ihrer eigenen Region persönlich kennenlernen und austauschen können. Für die afghanischen StudentInnen ist es zudem oftmals das erste Mal, dass sie die Möglichkeit erhalten, ins Ausland zu reisen.
Der SAESM-Workshop hat sich an der Universität Kabul als jährliches Austauschprogramm etabliert. Professor Habibullah Niazi von der Wirtschaftsfakultät der Universität Kabul hofft, dass Afghanistan in der näheren Zukunft Gastgeber des SAESM-Workshops sein kann. Dafür muss sich die Sicherheitslage in Afghanistan jedoch noch deutlich verbessern. Seit 2013 nimmt Afghanistan, unterstützt durch das KAS-Auslandsbüro in Kabul, an den jährlichen Workshops teil. Die Wirtschaftsfakultät der Universität Kabul hat es in den vergangen zwei Jahren geschafft, fast die Hälfte der Teilnehmer weiblich zu besetzen.
Prof. Martin Rama von der Weltbank, einer der Hauptsponsoren seit 2004, verglich die Bedeutung des SAESM-Workshops mit dem deutsch-französischen Jugendaustausch nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Jugendaustausch hatte nach dem Weltkrieg wesentlich zu einer Vertrauensbildung auf der menschlichen Eben beigetragen, die für die wirtschaftliche und politische Integration und nicht zuletzt für die Schaffung der Europäischen Union konstituierend war.
In diesem Jahr unterschrieben die Universität Colombo und die Universität Kabul anlässlich des SAESM-Workshops ein Memorandum of Understanding, um den akademischen Austausch zwischen Sri Lanka und Afghanistan auch über SAESM hinaus auszubauen.
2019 SAESM Workshop-Gruppen
1. Growth in South Asia
2. Agriculture and Food Security
3. Migration and Development
4. Cross Border Energy Trade
5. Human Capital Development
6. Economics of Ideas and Innovation
7. Mainstreaming Gender for Development
8. Social Values and Institutions
9. Informal Economy
10. Actions for Climate Change
Letzte SAESM-Veranstaltungen
2018: Dhaka, Bangladesch
2017: Kathmandu, Nepal