Country reports
Sie verbindet, dass sie beide aus politischen Dynastien stammen. Im Wahlkampf wird deshalb die Vergangenheit gewollt oder ungewollt zum Thema.
Beide haben als ehemalige US-Senatorin und Außenministerin bzw. als Gouverneur von Florida bereits hochrangige politische Ämter innegehabt.
Und ebenso verbindet sie, dass sie jeweils moderate Positionen in ihren Parteien einnehmen und sich gegen radikalere Positionen durchsetzen müssen. Jeb Bush hat mit einem starken republikanischen Kandidatenfeld, in denen einige Bewerber deutlich konservativere Ansichten vertreten, eine besondere Herausforderung auf dem Weg zur Nominierung. Hillary Clintons (bisherige) innerparteiliche Konkurrenten wie der ehemalige Gouverneur Martin O’Malley oder der U.S. Senator Bernie Sanders können ihr kaum die Nominierung streitig machen: zu Hillary Clinton ist bei den Demokraten derzeit keine realistische, mehrheitsfähige Alternative zu erkennen.
Politische Dynastien
Beide Kandidaten verbindet, dass sie jeweils aus einer der breiten Öffentlichkeit bekannten Politikerfamilie kommen. Dies hat für beide einerseits Vorteile: Ihr Bekanntheitsgrad ist schon aufgrund ihres Namens hoch. Weniger bekannte Kandidaten müssen viel investieren, um in der Öffentlichkeit bekannt zu werden. Zudem können beide auf breite, bereits etablierte Netzwerke zurückgreifen, was insbesondere die Finanzierung ihres Wahlkampfes betrifft. Beide liegen nicht zuletzt deshalb bereits weit vor ihren jeweiligen Herausforderern, was das Einwerben von Wahlkampfspenden betrifft.
Gleichzeitig hat die Bekanntheit aber auch Nachteile: beide Kandidaten werden im Kontext der Präsidentschaft(en) ihrer familiär verbundenen, ehemaligen Amtsinhaber gesehen.
Für Hillary Clinton ist z.B. beim gewerkschaftsfreundlichen Flügel der Partei nicht von Vorteil, dass während der Präsidentschaft ihres Mannes Bill Clinton das Freihandelsabkommen NAFTA umgesetzt wurde – in einer Zeit, in der Freihandel unter der demokratischen Wählerschaft zunehmend umstritten ist.
Jeb Bush wird im Lichte etwa der Entscheidung seines älteren Bruders, George W. Bush, gesehen, Krieg gegen den irakischen Diktator Saddam Hussein zu führen. Als er - wie vorauszusehen war - kürzlich darauf angesprochen wurde, hatte er noch keine überzeugende Antwort. Im Gegenteil: innerhalb einer Woche änderte sich seine Meinung dazu um 180 Grad.
So werden sich beide Wahlkämpfe stark mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen haben. Bei Hillary Clinton kommt noch hinzu, dass sie als Außenministerin Teil der Regierung in Obamas erster Amtszeit war. Vor allem Obamas Außenpolitik gilt bislang als wenig erfolgreich. Es wird sich zeigen, wie weit es Hillary Clinton gelingt, sich von Präsident Obama abzusetzen, ohne jedoch die Wählerschichten zu verlieren, welche ihm ins Amt verholfen haben und auf welche sie ebenso angewiesen ist.
An einem Punkt wird aktuell Hillary Clintons Dilemma deutlich: Präsident Obama bemüht sich derzeit im Kongress um ein Verhandlungsmandat, welches er für die erfolgreichen Verhandlungen eines transpazifischen Handelsabkommens (TPP) und eines transatlantischen Handels- und Investitionsabkommens (TTIP) benötigt. Viele Demokraten im Kongress, allen voran die Minderheitsführerin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, wollen Präsident Obama dieses Verhandlungsmandat nicht zugestehen. Sie haben vor allem Sorge, dass insbesondere TPP Druck auf den amerikanischen Arbeitsmarkt ausüben würde.
Hillary Clinton hat sich zum Verhandlungsmandat noch nicht geäußert, sondern allein verlauten lassen, dass sie unter bestimmten Bedingungen Freihandel unterstützt. Als Außenministerin war sie für Freihandel. Jetzt muss sie die Zurückhaltung an der Basis ernst nehmen. Lange wird sie sich dieser Frage im Wahlkampf nicht entziehen können. So macht auch ihr (in Umfragen weit abgeschlagener) demokratischer Mitbewerber Freihandelsgegner Senator Bernie Sanders Druck auf Clinton, sich zu erklären.
Immer wieder gibt es Stimmen, welche die Herkunft beider Kandidaten aus bekannten politischen Familien grundsätzlich als Problem sehen. Sollten beide jeweils die Nominierung von ihren Parteien erhalten, dürfte sich dieses Problem jedoch neutralisieren.
Jeb Bushs Herausforderung von rechts
Beide Kandidaten verbindet auch, dass sie als jeweils sehr erfahrene Politiker und „moderate“ Kandidaten ihrer jeweiligen Partei gelten. Dies bringt für beide Herausforderungen mit sich: Jeb Bush gilt vielen republikanischen Wählern als nicht konservativ genug. So will er sich z.B. für eine Legalisierung der ca. 11-12 Millionen Einwanderer einsetzen, die undokumentiert in den USA leben – Anathema für viele republikanische Wähler. Außerdem unterstützt er eine Reform von Schulcurricula (common core), welche vor allem unter Republikanern ebenso umstritten ist. Grund ist nicht nur, dass damit von der Regierung auf Bundesebene zentrale Bewertungskriterien durchgesetzt werden sollen, sondern auch, dass das bei vielen Republikanern beliebte „home schooling“, die Erziehung zu Hause, erschwert werden soll. Auch wenn er eine starke Spenderbasis hat, gilt seine Wählerbasis doch als schwächer.
Jeb Bush tritt in einem republikanischen Kandidatenfeld an, welches als sehr stark gilt: inzwischen haben insgesamt zwölf Republikaner ihre Kandidatur öffentlich erklärt. Darunter vier Senatoren und vier ehemalige Gouverneure. Zuletzt hatte sich auch der Businessmogul Donald Trump erklärt, dessen Kandidatur zwar so gut wie nicht ernst genommen wird, der aber aufgrund seines Unterhaltungswertes unverhältnismäßig viel Aufmerksamkeit in den Medien auf sich ziehen dürfte.
In Umfragen kann sich Jeb Bush bisher nicht entscheidend von seinen republikanischen Herausforderern absetzen. Mit Senator Marco Rubio und dem (noch nicht offiziell antretenden) Gouverneur von Wisconsin, Scott Walker, liegt er im Moment gleich auf. Rubio, Walker und Bush kämen zudem gegenwärtig fast auf die gleiche Zustimmung wie Hillary Clinton. Rubio und Walker werden daher gegenwärtig ebenso gute Chancen auf die Nominierung angerechnet. Der Weg bis zum Nominierungsparteitag im Juli 2016 ist jedoch noch sehr lang.
Entscheidend dürften die ersten vier Vorwahlen in Iowa, New Hampshire, South Carolina und Nevada sein. Bis auf New Hampshire haben dort insbesondere konservative Republikaner großen Einfluss. Jeb Bush steht besonders in den frühen Vorwahlen den vielen als konservativer geltenden republikanischen Mitbewerbern gegenüber. Sollte sich früh eine Dynamik gegen ihn entwickeln, dürfte es für ihn schwerer werden, die Nominierung zu erhalten.
Jeb Bush hat angekündigt, dass er seine Positionen nicht für die konservativen Wähler in den Vorwahlen verändern (um dann später – wie etwa Mitt Romney – wieder für die allgemeinen Wahlen in die Mitte zu rücken), sondern konsequent seine moderaten Positionen vertreten möchte. Seine Botschaften zielen vor allem auf den allgemeinen Wahlkampf nach den Vorwahlen. Er will bei der Nominierung Risiken eingehen, um dann allgemein wählbar zu sein. Es wird sich zeigen, wie viel Abweichung von der republikanischen Orthodoxie die republikanische Basis toleriert und ob er damit die Vorwahlen bestehen kann.
Hillary Clinton’s Herausforderung von links
Hillary Clinton hat dagegen vor allem auf der linken Seite eine offene Flanke. Sie gilt als „Wall-Street-freundlich“ und abgehoben. Sie hat Probleme, die untere und Mittelschicht, wo sich viele demokratische Wähler befinden, authentisch anzusprechen. Die kürzlich bekannten Honorare von bis zu mehreren hundert Tausend US-Dollar pro Vortrag haben dieses Bild weiter verstärkt. Ähnliches gilt für ihre Entscheidung, sich vorerst nicht den Fragen der Presse zu stellen.
Dies hat für Hillary Clinton wahrscheinlich weniger Auswirkungen auf die Chancen, in den Vorwahlen von den Demokraten als Präsidentschaftskandidatin nominiert zu werden. Sie gilt als einzige aussichtsreiche Kandidatin auf die Nominierung – was für die Demokraten auch ein großes Problem darstellt: Es gibt keinen Plan B, sollte Hillary Clinton im Wahlkampf in ernste Probleme geraten.
Ihre bisherigen demokratischen Herausforderer, zwei frühere, als wenig erfolgreich geltende Gouverneure sowie auch Senator Bernie Sanders, welcher sich selbst als „Sozialist“ bezeichnet (was hier so viel wie „Kommunist“ meint) und deshalb auf nationaler Ebene als nicht wählbar gilt, können ihr kaum die Nominierung streitig machen, aber dazu beitragen, dass sie sich möglicherweise noch weiter links positionieren muss. Dazu kommt, dass auch demokratische Spitzenkräfte im Kongress wie die Minderheitsführerin Nancy Pelosi oder auch Senatorin Elizabeth Warren weiter links stehend, das demokratische Narrativ mit bestimmen werden. Dies hätte dann vor allem Auswirkungen auf den Wahlkampf nach der Nominierung.
Aussichten
Es ist noch viel zu früh, Aussagen über die Aussichten beider Kandidaten zu machen, welche sich nun erklärt haben. Es zeichnen sich die jeweiligen Vorteile und Herausforderungen ab. Noch ist aber nicht wirklich absehbar, welche Themen tatsächlich den Wahlkampf bestimmen werden und welche Vorteile die Herausforderer erfolgreich werden ausspielen können. Schon jetzt ist jedoch deutlich, dass sich die Wählerschaft demographisch weiter gegenüber den letzten Wahlkämpfen verändert hat.
Für die Republikaner wird es darauf ankommen, neue Wählerschichten zu gewinnen und z.B. den Anteil der Latino-Wähler für sich zu erhöhen. Jeb Bush scheint hier ein geeigneter Kandidat, der nicht nur eine mexikanische Frau hat, sondern auch selbst tief mit der lateinamerikanischen Kultur verbunden ist. (Dies gilt allerdings auch für Marco Rubio.)
Die Demokraten müssen zumindest diejenigen Wählerschichten wiederum erfolgreich ansprechen, welche sich 2008 für Barack Obama haben einnehmen lassen: Frauen, Minderheiten, und große Teile der Mittelklasse. Hillary Clinton hat sicher zudem einen Vorteil, progressive Wähler anzusprechen, welche die Zeit für gekommen halten, dass eine Frau das höchste Amt bekleidet.