Country reports
Nico Lange: Herr Pflüger, herzlich willkommen bei der Konrad-Adenauer-Stiftung in Washington. Sie sind in unruhigen Zeiten hier. Heute gab es die Anhörung von James Comey. Sie merken das: Die Stadt ist aufgeregt.
Aber nicht nur in dieser Stadt, auch in den transatlantischen Beziehungen geht es aufgeregt zu. Was ist aus Ihrer Sicht jetzt wichtig für uns, die die transatlantischen Beziehungen fördern wollen?
Wir müssen zwischen Trump und den USA unterscheiden
Friedbert Pflüger: Ganz wichtig ist, glaube ich, die Unterscheidung zwischen Trump und den Vereinigten Staaten von Amerika. Ich habe hier eine Reihe von Gesprächen geführt und stoße auf genau die gleichen Freunde und die gleichen positiven Gespräche wie früher auch.
Viele bestätigten mir, dass die amerikanischen Institutionen, der Kongress, die Presse, die Gesamtgesellschaft, die letztlich den längeren Atem haben werden. Wir müssen einfach diese Trump-Zeit mit ihren Unberechenbarkeiten, mit ihrer unkultivierten Art des Umgangs und mit der Aufkündigung einer westlichen Wertegemeinschaft überleben.
Der Kern der Wertegemeinschaft wird in Frage gestellt
NL: Wir haben in den letzten Wochen und Monaten bei Themen wie Verteidigungspolitik, Handelspolitik und jetzt auch bei Klimapolitik gemerkt, dass es schwierig mit dieser neuen Administration ist. Sehen Sie Themen bei denen es Ansätze gibt, dass man transatlantisch zusammenarbeiten kann, trotz dieser Differenzen?
FP: Nein, weil der Kern im Grunde in Frage gestellt ist. Herr Trump persönlich hat in seiner Rede bei der NATO in Bezug auf den Artikel 5, die Beistandsklausel gestrichen. Wenn die Amerikaner sagen, dass nordkoreanische Nuklearraketen für sie dann entscheidend sind, wenn sie amerikanisches Territorium erreichen, was ist das für ein Signal gegenüber Japanern und Koreanern?
Was ist das für ein Signal gegenüber der Allianz, wenn der Sicherheitsberater von Herrn Trump sagt: "Wir suchen uns von Zeit zu Zeit unsere Alliierten, wenn es uns passt und unseren Interessen passt.“ Das hat nichts mit all dem zu tun, was den freien Westen seit im Grunde Ende des zweiten Weltkrieges verbindet und es ist eine Katastrophe für die atlantischen Beziehungen.
Wir müssen unsere Kontakte in Amerika hegen und pflegen
Und noch einmal, wir dürfen deshalb nicht von Amerika abrücken. Im Gegenteil, wir müssen all unsere Kontakte hier pflegen und hegen. Aber das, was sich hier tut mit Herrn Trump, zeigt, dass all diejenigen, die gesagt haben, der wird schon wie alle anderen Präsidenten vorher sich beruhigen, der wird eingehegt werden, dass das bisher jedenfalls nicht im Ansatz erkennbar ist.
NL: Müssen wir als Deutsche, als Europäer, jetzt die westlichen Werte verteidigen oder sollten wir uns auf diese transaktionale Logik einlassen?
Mehr Verantwortung könnte eine Chance für Europa sein
FP: Wir müssen jetzt die Herausforderung in Europa annehmen wie das Angela Merkel völlig zu Recht vor kurzem ausgedrückt hat. Auf Grund der nicht verlässlichen Partnerschaft, desjenigen, der uns über Jahrzehnte die Sicherheit gegeben hat, müssen wir jetzt ein Stück weit, wie sie es gesagt hat, unser Schicksal in die eigenen Hände nehmen. Ob Europa dem gewachsen sein wird, siehe Großbritannien, siehe Polen, siehe Ungarn, bleibt abzuwarten. Aber es könnte auch eine Chance für Europa sein.
Frau Merkel warnt sehr klug davor, dass wir uns nicht überheben sollen. Sie will diese Führungsrolle gar nicht, in die sie immer wieder hineingedrängt wird. Bei ihrem Besuch in Argentinien und Brasilien betonte sie: „Nein, ich will nicht der Führer der freien Welt sein.“ Das macht sie sehr klug. Aber dennoch sehnt die Welt sich nach politischer Orientierung. Da wird Angela Merkel, glaube ich, eine wichtige Rolle spielen. Nur: Amerika können wir nicht ersetzen.
NL: Vielen Dank, Herr Pflüger.