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Dabei schob sich die Frage in den Mittelpunkt, wie das weltweite Netz den Alltag der Menschen verändert, wie es unsere Erwartungen an die Politik beeinflusst und unser Verständnis von Demokratie. Der frühere Bundestagsabgeordnete und heutige Projektleiter bei der KAS, Stephan Eisel, erinnerte sich an die Anfänge in den 1990er Jahren, als das Medium für alle noch neu und unbekannt war. Die damit gewonnene, sehr anschauliche Mischung aus technischen Fakten und lebensnahen Beispielen prägte das weitere Gespräch und nahm auch solche Teilnehmer für sich ein, die nicht täglich mit dem Internet umgehen.
Laut einer aktuellen Studie, die Eisel vorstellte, bildet eben dieser Typ des gelegentlichen Nutzers auch im Bundesdurchschnitt die Überzahl. „Das Internet dominiert nicht den Alltag der Mehrheit“, sagte der 57-Jährige. Ein Viertel der Deutschen habe gar keinen Internetzugang, ein Drittel der Übrigen nutze das Netz nur selten. Lediglich 20 Prozent der Bevölkerung bewegten sich aktiv im sogenannten Sozialen Netz, gestalteten also etwa auch selbst Internetseiten. Solche Zahlenwerte bedeuten für Eisel: „Das Internet bietet neue Möglichkeiten, hebt die Welt aber nicht aus den Angeln.“
Tatsächlich helfen die Zahlen, die Wirklichkeit des Internets und seines Gebrauchs mit Augenmaß zu betrachten. Das gilt auch für anstehende Probleme. Eisel legte dar, dass sich aus der zeitlichen Unbegrenztheit des Internets neue juristische Fragen ergeben, etwa für den Persönlichkeitsschutz. Zugleich müsse jeder Nutzer sich darüber im Klaren sein, dass er im Internet nicht die allgemeine, sondern eine zersplitterte und teilweise sehr spezielle Öffentlichkeit erreiche. „Nicht eine Mehrheit der Geistreichen, sondern eine Minderheit der Zeitreichen dominiert das Netz“, erklärte Eisel.
Die Chancen der Politik, bemerkte der frühere Bundestagsabgeordnete selbstkritisch, seien vor diesem Hintergrund zweideutig: „Die Politik ist online eine kleine Nische. Überwiegend ist das Internet ein Markt- und Spielplatz.“ Wer sich für Politik interessiere, könne sich zwar informieren, doch würden Uninteressierte auf dem Weg des Internets nur in Ausnahmefällen erreicht. Politik ist heute im Internet ein Randthema: Eisel führte an, dass 58 amerikanische Komiker mehr Klicks auf der Video-Plattform youtube vorweisen können als Präsident Barack Obama, obwohl dieser seine Öffentlichkeitsarbeit stark auf die Interessen von Internetnutzern ausgerichtet habe.
Das Internet, schlussfolgerte der CDU-Politiker, sei einstweilen ungeeignet, um demokratische Entscheidungen herbeizuführen. Es gelte abzuwägen: „Das Internet ist faszinierend als Forum für Diskussionen und Kommunikation, auch bietet es Vorteile in punkto Informationsfreiheit.“ Aber: „Die Möglichkeiten der Manipulation sind zu hoch.“ Wenn etwa Kommunen über bestimmte Prozesse online abstimmen ließen, klinge das zunächst bürgernah und modern. Wenn aber die Wahlbeteiligung bei höchstens einem Prozent liege, sei das eher bedenklich. „Insofern kann das Internet eine Ergänzung sein, aber keine Wahlen oder mühselige demokratische Prozesse ersetzen.“
Die Reaktionen der Teilnehmer zeigten, dass Eisels Ausführungen den Nerv getroffen hatten. Warum es nicht möglich sei, Daten im Internet durch Notare löschen zu lassen, fragte jemand und erfuhr, dass dies hauptsächlich aus technischen Gründen schwierig sei. Transparenz sei doch ein hoher Wert, meinte ein anderer, woraufhin Referent Eisel vorsichtig einschränkte: „Wenn ich einfach alles ins Netz stelle, schaffen diese Datenberge faktisch eine Intransparenz. Informationen müssen strukturiert sein.“ Ein junger Zuhörer gab zu bedenken, dass das Internet in den kommenden Jahren doch sicher an Bedeutung gewinnen werde, da es in seiner Generation längst zum Alltag gehöre. Dass sich das Leben und auch die Meinungsbildung in der nachfolgenden Generation durch das Internet faktisch bereits verändert haben, konnte Stephan Eisel nur bestätigen. „Aber wie sich das weiterentwickelt, das muss die Zukunft zeigen.“
Paula Konersmann