Conférence
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Die aus einer assimilierten deutsch-jüdischen Familie stammende Philosophin Hannah Arendt (1906-1975; Foto: Intellectual History Newsletter) emigrierte nach mehrjähriger Flucht vor den Nationalsozialisten 1941 in die USA, wo sie sowohl als Journalistin als auch in der sozialwissenschaftlichen Forschung agierte. In ihrem Hauptwerk Elemente und Ursprünge totalitärer Herrschaft setzt sie sich mit den Entstehungsbedingungen der totalitären Diktaturen auseinander, vor allem mit dem Antisemitismus. Der von Arendt mitgeprägte Totalitarismusbegriff untersucht die strukturelle Gleichheit von Nationalsozialismus und Stalinismus.
Im Jahre 1961 begleitete Hannah Arendt den Jerusalemer Prozess gegen Adolf Eichmann, den Cheforganisator der Judenvernichtung im Dritten Reich, als Berichterstatterin für die Zeitschrift „New Yorker“. Zwei Jahre später erschienen ihre Artikel in Buchform unter dem Titel Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht über die Banalität des Bösen (9. Auflage, München/Zürich 1995, Piper-Verlag, 357 S.) . Gestützt auf das Prozessmaterial stellt sie Eichmann als neuartigen Verwaltungsmassenmörder dar, als „Schreibtischtäter“.
Die Veröffentlichung der Prozessberichte löste eine Lawine des Entsetzens aus – vor allem die „Normalität“ des Todes-Organisators war das Erschreckende. In der Bundesrepublik Deutschland brach mit dem Buch nach anderthalb Jahrzehnten der Verdrängung die öffentliche Debatte über die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes aus. Alfons Söllner würdigt in seinem Vortrag den entscheidenden Beitrag Hannah Arendts zur Aufarbeitung der NS-Gräueltaten.
Prof. Dr. Alfons Söllner,
1947 geboren in Hardeck/Bayern, studierte in Regensburg und München Politikwissenschaft, Philosophie, Soziologie und Germanistik. 1977 promovierte er nach einem Forschungsaufenthalt in den USA bei Prof. Dr. Kurt Sontheimer mit der Arbeit Geschichte und Herrschaft. Studien zur materialistischen Sozialwissenschaft 1929-1945. 1979-84 wirkte er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität/Berlin, 1985-90 als Wissenschaftlicher Assistent am Zentrum für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin. 1986 habilitierte er am Otto-Suhr-Institut mit der Arbeit Peter Weiss und die Deutschen. Die Entstehung einer politischen Ästhetik wider die Verdrängung.
Alfons Söllner wirkte als Lehrstuhlvertreter in Hamburg und Bremen, schließlich als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Hamburger Institut für Sozialforschung. Seit 1994 ist Söllner als Universitäts-Professor für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Technischen Universität Chemnitz tätig.
In mehreren Monographien sowie Aufsätzen in Sammelbänden und Fachzeitschriften setzt sich der Wissenschaftler mit der Geschichte der Frankfurter Schule, der Geschichte der Politikwissenschaft seit der Weimarer Republik, Staats- und Rechtstheorien des 20. Jahrhunderts, Faschismus- und Totalitarismustheorien (u.a. Totalitarismus. Eine Ideengeschichte des 20. Jahrhunderts, Berlin 1997 – als Herausgeber zusammen mit Karin Wieland und Ralf Walkenhaus), Deutschen Sozial- und Politikwissenschaftler in der Emigration (u.a. Deutsche Politikwissenschaftler in der Emigration. Ihre Akkulturation und Wirkungsgeschichte, samt einer Bibliographie, Opladen 1996), Politik und Ästhetik, Asylpolitik und Fremdenfeindlichkeit sowie Politische Kultur der Nachkriegszeit auseinander.
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Die Veranstaltung im Hotel am Schloss Apolda ist eingebettet in die 11. Tage der jüdisch-israelischen Kultur in Thüringen (21. Oktober bis 9. November 2003). Ein Projekt des Fördervereins Kleine Synagoge Erfurt e.V..