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Plakat zur Landtagswahl 1978 Plakat zur Landtagswahl 1978 © KAS

Ernst Albrecht

Unternehmer, Ministerpräsident Dr. rer. pol. 29. Juni 1930 Heidelberg 13. Dezember 2014 Beinhorn (Burgdorf) bei Hannover
von Andreas Grau
Nach einer Bilderbuchkarriere bei der EG-Kommission in Brüssel war Ernst Albrecht von 1976 bis 1990 Ministerpräsident von Niedersachsen. Seine Popularität reichte dabei weit über das Land hinaus. Nach der Wahlniederlage gegen Gerhard Schröder 1990 zog er sich ganz aus der Öffentlichkeit zurück.

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Übersicht – Springen Sie in die jeweiligen Abschnitte:

Jugend- und Studienzeit

Von Brüssel nach Hannover

Die Sensation von Hannover

Ministerpräsident in Niedersachsen

Die „Ära Albrecht“ – eine Bilanz

Ernst Albrecht als Bundespolitiker

Rückzug ins Privatleben

 

Jugend- und Studienzeit

Ernst Karl Julius Albrecht wurde am 29. Juni 1930 in Heidelberg geboren. Sein Vater, ein Internist, ließ sich wenig später in Bremen nieder, wo Ernst Albrecht seine Schullaufbahn begann. 1948 legte er in Brake das Abitur ab und nahm ein Philosophie- und Theologiestudium in Tübingen auf. Nach Aufenthalten in Ithaka (USA) und Basel, wo er die Vorlesungen von Karl Jaspers besuchte, schloss er sein Studium 1950 mit dem B.A.-Grad ab. Danach absolvierte Albrecht noch ein Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften in Tübingen und Bonn, das er 1953 als Diplom-Volkswirt beendete. Im gleichen Jahr heiratete er die promovierte Germanistin Heide Adele Stromeyer. Aus der glücklichen Ehe gingen sieben Kinder hervor.

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Von Brüssel nach Hannover

Seine berufliche Laufbahn begann Albrecht 1954 als Attaché beim Ministerrat der Montanunion in Brüssel. 1956 wurde er zum Leiter der Sektion „Gemeinsamer Markt“ bei der Regierungskonferenz zur Ausarbeitung der Römischen Verträge ernannt. Nach Inkrafttreten der Römischen Verträge ging Albrecht 1958 als Kabinettschef zum deutschen EWG-Kommissar Hans von der Groeben. 1959 promovierte Albrecht in Bonn mit einer Arbeit über die Investitionsprobleme der Montanunion zum Dr. rer. pol. Bis 1967 leitete Ernst Albrecht das Büro von der Groebens und wurde dann zum Generaldirektor für Wettbewerb bei der EWG-Kommission berufen. Mit nur 37 Jahren hatte er damit die oberste Stufe eines Beamten in den Europäischen Gemeinschaften erreicht und begann über eine berufliche Veränderung nachzudenken. Dabei konnte sich Albrecht auch ein stärkeres Engagement in der Politik vorstellen.

Durch Zufall lernte er 1969 den niedersächsischen Landwirtschaftsminister und CDU-Vorsitzenden in Niedersachsen Wilfried Hasselmann kennen, der ihn zum Wechsel nach Hannover überredete. Bei der Landtagswahl 1970 kandidierte Albrecht im Wahlkreis Burgwedel/Isernhagen und gewann auf Anhieb das Mandat. Der frischgebackene Abgeordnete wurde sogleich zum stellvertretenden Vorsitzenden der CDU-Fraktion gewählt. Allerdings konnte die CDU nicht, wie erhofft, die Regierung übernehmen, sondern musste in die Opposition gehen. Neben seinem Abgeordnetenmandat übernahm Ernst Albrecht 1971 noch bei der Firma Bahlsen in Hannover die Position des Finanzdirektors und Mitglieds der Geschäftsleitung. Bei der Landtagswahl 1974 konnte die CDU ihr Wahlergebnis zwar nochmals verbessern und erhielt 48,8% der Stimmen, doch zum Regierungswechsel reichte es wieder nicht. Daraufhin verzichtete Wilfried Hasselmann auf die Spitzenkandidatur bei der nächsten Landtagswahl. Auf dessen Bitte hin stellte sich Albrecht zur Verfügung und wurde Ende 1975 der neue Spitzenkandidat der CDU.

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Die Sensation von Hannover

Am 14. Januar 1976 wurde im Niedersächsischen Landtag ein neuer Ministerpräsident gewählt. Alfred Kubel (SPD), aus Altersgründen zurückgetreten, wollte sein Amt an den bisherigen Finanzminister Helmut Kasimier (SPD) übergeben. Bei der geheimen Wahl stellte die CDU Ernst Albrecht als Gegenkandidaten auf. Das Ergebnis der Stimmenauszählung sorgte für eine Sensation: Auf Kasimier entfielen 75 Stimmen, auf Albrecht 77 Stimmen, 3 Stimmen waren ungültig. Da keiner der Kandidaten die notwendige absolute Mehrheit erreicht hatte, fand am folgenden Tag ein neuer Wahlgang statt. Doch wieder erhielt kein Kandidat die erforderliche Mehrheit. Kasimier bekam sogar nur 74 Stimmen und Albrecht 78 Stimmen. Drei Stimmen waren wieder ungültig. Es musste ein dritter Wahlgang angesetzt werden, bei dem die einfache Mehrheit ausreichte. Statt Helmut Kasimier schickte die SPD nun den Bundesminister Karl Ravens ins Rennen. Am 6. Februar 1976 wählte der Niedersächsische Landtag Ernst Albrecht mit 79 Stimmen zum Ministerpräsidenten. Karl Ravens erhielt 75 Stimmen, bei einer ungültigen Stimme. Damit war die Sensation von Hannover perfekt.

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Ministerpräsident in Niedersachsen

Ernst Albrecht war der erste CDU-Ministerpräsident in Niedersachsen – wenn auch ohne parlamentarische Mehrheit. Er bildete zunächst ein Rumpfkabinett mit den Ministern Walther Leisler Kiep, Wilfried Hasselmann, Hermann Schnipkoweit, Gerhard Glup und Werner Remmers. Durch eine Koalition mit der FDP im Januar 1977 erhielt seine Minderheitsregierung eine parlamentarische Mehrheit. Bei der Landtagswahl 1978 wurde die Regierung Albrecht eindrucksvoll bestätigt. Die CDU errang 48,7% der Stimmen und gewann die absolute Mehrheit der Mandate. Ohne auf einen Koalitionspartner angewiesen zu sein, konnten Albrecht und die CDU alleine regieren. Auch nach der Landtagswahl 1982 gelang es dem Ministerpräsidenten, die Alleinregierung der CDU fortzusetzen. Mit 50,7% der Stimmen erhielt die CDU diesmal sogar die absolute Mehrheit. Erst bei der Landtagswahl 1986 wurde der Aufwärtstrend gestoppt und die CDU rutscht auf 44,3% der Stimmen ab. Zur Fortsetzung seiner Regierung war Albrecht nun wieder auf die FDP angewiesen.

Die erfolgreiche Arbeit der Regierung Albrecht wurde Ende der 1980er Jahre durch eine Reihe von Skandalen erschüttert: 1986 wurde der fingierte Sprengstoffanschlag auf das Gefängnis in Celle im Jahre 1978 bekannt (Celler Loch). 1988 kam es zu einer Affäre um die misslungene Privatisierung der niedersächsischen Spielbanken, die im Oktober 1988 zum Rücktritt von Innenminister Wilfried Hasselmann führte. Daraufhin versuchte die Opposition aus SPD und Grünen, am 19. Dezember 1988, die Regierung Albrecht durch ein Misstrauensvotum zu stürzen. Bei der geheimen Wahl erhielt Ernst Albrecht jedoch 79 Stimmen und sein Herausforderer Gerhard Schröder nur 76 Stimmen.

Um den Abwärtstrend der CDU zu stoppen, setzte Albrecht die Nominierung der populären Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth als seine mögliche Nachfolgerin durch, was in der niedersächsischen CDU für Unruhe sorgte. Bei der Landtagswahl 1990 erhielt die CDU nur 42% der Stimmen und wurde von der SPD mit ihrem Spitzenkandidaten Gerhard Schröder überholt, der eine rot-grüne Landesregierung bildete. Damit endete die „Ära Albrecht“ in Niedersachsen.

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Die „Ära Albrecht“ – eine Bilanz

In seiner Zeit als Ministerpräsident hatte Ernst Albrecht die Nettoneuverschuldung Niedersachsens erheblich reduzieren und die Zahl der Arbeitslosen verringeren können. Viel war auch bei der Entwicklung der ländlichen Räume erreicht worden, einem Politikbereich, der Albrecht besonders am Herzen lag. So wurde in Niedersachsen ein flächendeckendes Netz von Sozialstationen aufgebaut. Um die Identifikation der Bürger mit dem Land Niedersachsen zu stärken, gründete Albrecht 1986 die „Stiftung Niedersachsen“ und führte 1981 den „Tag der Niedersachsen“ ein. Auf sein Betreiben hin nahm Niedersachsen 1979 – als erstes westliches Land – 1000 vietnamesische Flüchtlinge auf, die so genannten „Boat People“. In der Medienpolitik setzte die Regierung Albrecht wichtige Akzente. 1980 wurde zusammen mit Schleswig-Holstein und Hamburg ein neuer Staatsvertrag über den NDR geschlossen, der zu einer stärkeren Regionalisierung führte und die Einführung des privaten Rundfunks ermöglichte. Ab 1983 wurden auch private Fernsehsender in Niedersachsen zugelassen.

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Ernst Albrecht als Bundespolitiker

Der Einfluss des Politikers Albrecht blieb aber nicht allein auf Niedersachsen beschränkt. Schon kurz nach seiner Amtsübernahme - im März 1976 - stand im Bundesrat die Abstimmung über das von der Bundesregierung ausgehandelte deutsch-polnische Renten- und Entschädigungsabkommen an. Nach dem Regierungswechsel in Niedersachsen konnten die unionsgeführten Länder das Abkommen im Bundesrat scheitern lassen. Albrecht gelang es in Verhandlungen mit Außenminister Hans-Dietrich Genscher, das Abkommen so nachzubessern, dass ihm auch die unionsgeführten Länder zustimmen konnten.

Bei der Diskussion um eine atomare Wiederaufbereitungsanlage in Gorleben nahm die Regierung Albrecht eine vermittelnde Haltung ein. Aufgrund der anhaltenden Widerstände in der Bevölkerung mahnte sie aber 1979 die Bundesregierung, das Projekt nicht weiterzuverfolgen. Im Frühjahr 1979 schlug der CDU-Vorsitzende Helmut Kohl Ernst Albrecht als Kanzlerkandidaten der Union für die Bundestagswahl 1980 vor. Am 28. Mai 1979 wurde Albrecht vom Bundesvorstand der CDU auch einstimmig nominiert. Bei einer Abstimmung in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am 2. Juli 1979 verlor er jedoch knapp gegen den CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß. Als stellvertretender Parteivorsitzender von 1979 bis 1990 hatte Albrecht trotz dieser Niederlage großen Einfluss in der CDU. Seine große Beliebtheit und Ausstrahlung über Niedersachsen hinaus zeigte sich erneut 1984, als ihm Bundeskanzler Helmut Kohl die Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten antrug. Albrecht, der lieber Ministerpräsident in Niedersachsen bleiben wollte, lehnte dieses Angebot jedoch ab.

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Rückzug ins Privatleben

Nach der Landtagswahl im Mai 1990 zog sich Ernst Albrecht ganz aus der Politik zurück. Mit der friedlichen Revolution in der DDR 1989 und der Wiedervereinigung 1990 erfüllte sich ein Lebenstraum von Albrecht, der immer an der deutschen Einheit festgehalten hatte. Seine Verbundenheit mit den neuen Ländern zeigte sich im September 1990, als er die Leitung der maroden Eisen- und Hüttenwerke Thale AG bei Halle übernahm. Der Liebhaber klassischer Musik und der Jagd lebte bis zu seinem Tod am 13. Dezember 2014 auf seinem großen Gut in Beinhorn bei Hannover, wo er zahlreiche Tiere hielt. Bei öffentlichen Anlässen zeigte er sich nur noch selten. In den letzten Jahren wurde Ernst Albrecht von privaten Schicksalsschlägen getroffen: So starben seine geliebte Frau 2002 und sein Sohn Lorenz 2005 an Krebs. Er selbst erkrankte 2008 an Alzheimer, weshalb seine Tochter, Ursula von der Leyen, mit ihrer Familie zu ihm nach Beinhorn zog.

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Lebenslauf

  • 29.06.1930 in Heidelberg geboren
  • 1948 Abitur in Brake
  • 1948-1950 Studium der Philosophie und Theologie an den Universitäten Tübingen, Cornell (USA) und Basel
  • 1950 Abschluß als B.A.
  • 1950-1953 Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften in Tübingen und Bonn
  • 1953 Abschluß als Diplomvolkswirt
  • 1954-1956 Attaché beim Ministerrat der Montanunion in Brüssel
  • 1956-1958 Leiter der Sektion „Gemeinsamer Markt“ bei der Regierungskonferenz zur Ausarbeitung der Römischen Verträge
  • 1958-1967 Kabinettschef beim EWG-Kommissar Hans von der Groeben
  • 1959 Promotion zum Dr. rer. pol.
  • 1967-1970 Generaldirektor für Wettbewerb bei der EWG-Kommission
  • 1970-1990 MdL in Niedersachsen
  • 1971-1976 Finanzdirektor und Mitglied der Geschäftsleitung bei Bahlsen in Hannover
  • 1976-1990 Ministerpräsident von Niedersachsen
  • 1979-1990 stellvertretender Vorsitzender der CDU
  • 1990-1997 Aufsichtsratvorsitzender der Eisen- und Hüttenwerke Thale AG

Veröffentlichungen

  • Ernst Albrecht: Erinnerungen – Erkenntnisse – Entscheidungen. Politik für Europa, Deutschland und Niedersachsen, Göttingen 1999.
  • Ders.: Der Staat – Idee und Wirklichkeit, Stuttgart 1976.

 

Literatur

  • Christian Werwarth: Der Niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht (1976-1990). Annäherung an einen Unnahbaren. Politische Führung in Niedersachsen, Stuttgart 2014.
  • Rudolf Zick: Die CDU in Niedersachsen. Eine Chronik, Sankt Augustin 2008.

 

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