Am 24. Februar 2022 hat Russland den Krieg gegen die Ukraine begonnen. Laut Kreml-Führung geht es dabei um nicht weniger als um die Schaffung einer neuen Weltordnung und um den Kampf gegen den „Faschismus“ im „Bruderland Ukraine“. Wie Umfrageergebnisse zeigen, befürworten rund 80 Prozent der Bevölkerung die sogenannte Spezialoperation. Diese Zahl ist mit Vorsicht zu genießen, denn in einem Land mit derart restriktiven Gesetzen wie gegenwärtig in Russland sind aussagekräftige Umfragen zu diesem Thema nicht möglich, schließlich ist allein schon die Verwendung des Wortes „Krieg“ im Zusammenhang mit den Geschehnissen in der Ukraine strafbar. Kritikerinnen und Kritikern drohen bis zu 15 Jahre Haft. Dennoch befürworten nicht wenige diesen Krieg. Angesichts der Bilder aus der Ukraine, die Europa täglich erreichen, stellen sich unweigerlich die Fragen, was die russische Staatsführung bewegt und warum Präsident Putin so viel Unterstützung aus der Gesellschaft erfährt.
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Diese Unterstützung resultiert aus dem staatlich verordneten Patriotismus, in dem Geschichte einen zentralen Stellenwert einnimmt. Verbreitet wurde er in erster Linie über eine professionelle, jahrelang betriebene Propaganda in den Medien, doch auch die Geschichtspolitik spielt eine wesentliche Rolle. Unter Geschichtspolitik versteht man die öffentliche Indienstnahme von Geschichte für politische Zwecke, um eine mobilisierende, politisierende oder legitimierende Wirkung zu erzielen. Sie wird in jedem Staat betrieben, schließlich ist Geschichte ein wichtiges identitätsstiftendes gesellschaftliches Element. Die Geschichtspolitik des Putin-Regimes hat aber besonderen Charakter. Anders als in liberalen Demokratien wird die Vergangenheit aggressiv und jenseits der Tatsachen für nationalistische Zwecke instrumentalisiert.
Ein Blick auf den geschichtspolitischen Kampf der letzten zwei Jahrzehnte kann helfen, das Geschehen in Russland sowie das Weltbild der Menschen und nicht zuletzt der Staatsführung besser zu verstehen. Aus diesem Grund beleuchtet Anna Kim in der neunten Ausgabe von Zeitgeschichte AKTUELL das der russischen Gesellschaft vermittelte Geschichtsbild und die Methoden der betriebenen Geschichtspolitik. Besonderes Augenmerk liegt auf der Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg beziehungsweise den Großen Vaterländischen Krieg (GVK), also den Kampf der Sowjetunion gegen das nationalsozialistische Deutschland von 1941 bis 1945.
Über diese Reihe
Nicht selten bedürfen aktuelle Debatten zeitgeschichtlicher Fundierung. Das Wissen um die Ursprünge und Hintergründe von Konflikten ermöglicht auch ein besseres Abwägen und Entscheiden. Vor diesem Hintergrund besteht gerade in der Politik ein großer Bedarf an Orientierung. Dabei möchte die Abteilung Zeitgeschichte unterstützen. Mit der Publikationsreihe „Zeitgeschichte AKTUELL“ werden aktuelle Diskurse identifiziert und die historischen Hintergründe und Zusammenhänge erläutert.
Bestellinformationen
Herausgeber
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.
ISBN
978-3-98574-098-7
erscheinungsort
Berlin, 2022
seitenzahl
23
Prof. Dr. Matthias Oppermann
Stv. Leiter Wissenschaftliche Dienste / Archiv für Christlich-Demokratische Politik, Leiter Zeitgeschichte
Dr. Kathrin Zehender
Referentin Zeitgeschichte