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Fotocollage mit Material von picture alliance/ullstein bild/EPA/Tibor Illyes; Gage Skidmore; Wikimedia Commons; Rue des Archives/Tallandier/Süddeutsche Zeitung Photo

Zeitgeschichte AKTUELL

Neo-Integralismus – Eine Gefahr für die liberale Demokratie

von Prof. James M. Patterson, Ph.D.
Der katholische Neo-Integralismus ist eine intellektuelle Bewegung, der junge, konservative katholische Theologen, Mitgliedern des Klerus und bekannte Intellektuelle anhängen. Die Ideologie zielt auf die Unterwerfung des Staates unter die Autorität der katholischen Kirche ab – und verbreitet sich derzeit dynamisch in Europa und den USA. Neo-Integralisten hängen vielfach Verschwörungstheorien an und sehen den Liberalismus als Bedrohung. Konservative und Christdemokraten können nicht einfach hoffen, dass der Neo-Integralismus von allein wieder verschwindet.

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Auf einen Blick

  • Der katholische Neo-Integralismus ist eine intellektuelle Bewegung, die sich derzeit unter jungen, konservativen katholischen Theologen, Mitgliedern des Klerus und bekannten Intellektuellen in den USA und in Europa dynamisch verbreitet. Der Begriff Neo-Integralismus bezieht sich auf eine Ideologie, die auf die Unterwerfung des Staates unter die indirekte Autorität der katholischen Kirche abzielt.
  • Neo-Integralismus basiert auf dem Ende des 19. Jahrhunderts entstandenen Integralismus, der als Reaktion auf den zunehmenden Bedeutungsverlust der katholischen Kirche und die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen aus dem politischen Katholizismus hervorging.
  • Vorbilder sind der französische Schriftsteller Charles Maurras, Benito Mussolini und António de Oliveira Salazar sowie Francisco Franco.
  • Direkte Verbindungen sind zwar eher selten, aber in der Regel unterstützen Neo-Integralisten heute Wladimir Putin in Russland, Xi Jinping in China und das theokratische Regime in Iran. Diese Regime sind aus Sicht der Neo-Integralisten dem westlichen Liberalismus überlegen.
  • Der ungarische Premierminister Viktor Orbán, der als Bindeglied zwischen den neo-integralistischen Bewegungen in Amerika und Europa fungiert, gilt als wichtigstes westliches Beispiel dafür, wie man einen Staat in eine neo-integralistische Richtung manövriert.
  • Neo-Integralisten hängen vielfach Verschwörungstheorien an und sehen den Liberalismus als Bedrohung. Der katholische „Freund“ wird vom (jüdisch-freimaurerischen) liberalen „Feind“ unterschieden.
  • Neo-Integralisten wollen eine Gegen-Elite zu den selbstgefälligen, im Niedergang befindlichen Liberalen aufbauen, die derzeit die Universitäten, Parlamente und Medien bevölkern. In einer breiteren Perspektive soll eine internationale neo-integralistische Bewegung im Herzen der westlichen Demokratien geschaffen werden, um Mitte-Rechts-Parteien und Koalitionen zu verdrängen, die als untergehende Komplizen des Liberalismus gelten.
  • Der Neo-Integralismus wird nicht – wie manche Konservative und Christdemokraten hoffen – von alleine wieder verschwinden, denn einige der von Neo-Integralisten vertretenen Gedanken sind richtig. Freiheitsliebende amerikanische und europäische Konservative müssen deshalb die geistige Auseinandersetzung suchen.

 

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Bildinformationen:
Oben links: Carl Schmitt, 1932 © picture alliance/ullstein bild – ullstein bild|ullstein bild;
Mitte: Publikation des brasilianischen Integralisten Gustavo Barroso, um 1930 © Wikimedia Commons, gemeinfrei;
oben rechts: Marion Maréchal, 2018 © Gage Skidmore from Peoria, AZ, United States of America, Marion Maréchal (25614980787) (cropped), Zuschnitt, CC BY-SA 2.0;
unten links: Charles Maurras, 1939 © Rue des Archives/Tallandier/Süddeutsche Zeitung Photo;
unten rechts: Patrick J. Deneen, 2023 © picture alliance/EPA/Tibor Illyes HUNGARY OUT.

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Über diese Reihe

Nicht selten bedürfen aktuelle Debatten zeitgeschichtlicher Fundierung. Das Wissen um die Ursprünge und Hintergründe von Konflikten ermöglicht auch ein besseres Abwägen und Entscheiden. Vor diesem Hintergrund besteht gerade in der Politik ein großer Bedarf an Orientierung. Dabei möchte die Abteilung Zeitgeschichte unterstützen. Mit der Publikationsreihe „Zeitgeschichte AKTUELL“ werden aktuelle Diskurse identifiziert und die historischen Hintergründe und Zusammenhänge erläutert.

Bestellinformationen

Herausgeber

Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.

ISBN

978-3-98574-212-7

erscheinungsort

Berlin, 2024

seitenzahl

27

Prof. Dr. Matthias Oppermann

Dr. Matthias Oppermann

Stv. Leiter Wissenschaftliche Dienste / Archiv für Christlich-Demokratische Politik, Leiter Zeitgeschichte

matthias.oppermann@kas.de +49 30 26996-3812

Dr. Kathrin Zehender

Dr

Referentin Zeitgeschichte

kathrin.zehender@kas.de +49 30 26996-3717 +49 30 26996-53717