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Brian Snyder, Reuters

International Reports

„Eine geteilte Nation“

Die USA nach vier Jahren Donald Trump

Dieser Bericht liefert keine Prognosen darüber, welcher Kandidat Anfang November die US-Präsidentschaftswahl gewinnen und wie sich die Mehrheiten im Kongress verändern werden. Aber was bleibt von vier Jahren Donald Trump? Womit würde der US-Präsident bei einer Wiederwahl in die zweite Amtsperiode starten oder welches Erbe würde sein Herausforderer bei einem Wahlsieg antreten? Letztlich geht es natürlich darum, wo die Vereinigten Staaten nicht jetzt, sondern in weiteren vier Jahren national wie international stehen wollen.

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Die Auseinandersetzung darüber ist schwieriger denn je. Bereits im Januar kam eine Umfrage des Pew Research Center zum Ergebnis, die USA seien „eine geteilte Nation“. Am Ende der ersten Amtszeit von US-Präsident Trump, nach einem Amtsenthebungsverfahren, monatelangen Protesten gegen Polizeigewalt, Massenarbeitslosigkeit und zahlreichen Opfern der Coronapandemie haben sich die Fronten noch verhärtet.

 

Tiefe Risse in der Gesellschaft

Die Polarisierung der US-amerikanischen Gesellschaft zwischen Schwarz und Weiß, Arm und Reich, Stadt und Land, Jung und Alt ist nichts Neues. Inzwischen stellt die Polarisierung nach parteipolitischer Anhängerschaft aber alle anderen Faktoren in den Schatten. Als „stark oder sehr stark“ werden die Konflikte zwischen beiden Parteien inzwischen von 91 Prozent aller US-Amerikaner eingeschätzt – ein so tiefer Graben trennt die Gesellschaft bei keinem anderen Thema.

So meinen 80 Prozent der Demokraten, dass Präsident Trump das Verhältnis zwischen der schwarzen und der weißen Bevölkerung „verschlechtert“ habe. Unter den Anhängern der Republikaner sind nur 13 Prozent dieser Auffassung. „Medicare for All“, die Idee einer steuerfinanzierten Krankenversicherung für alle Bevölkerungsgruppen, wird von 71 Prozent der Demokraten, aber nur von 29 Prozent der Republikaner befürwortet. Noch stärker gehen die Meinungen beim Thema Waffenbesitz auseinander. Demgegenüber gehört der Schutz gegen die illegale Einwanderung aus Mexiko im Wahljahr 2020 zu den drei wichtigsten innenpolitischen Prioritäten der Republikaner (67 Prozent). Unter den demokratischen Wählern wird das Thema nur von 29 Prozent als bedeutsam eingeschätzt. Größere parteipolitische Schnittmengen bestehen hingegen bei wichtigen internationalen Themen.

 

„America first“ in der Außenpolitik

Der weltweite Kampf gegen die Verbreitung von Infektionskrankheiten hat sich nach einer Umfrage von Pew im April aufgrund der Coronakrise fast ganz nach vorne geschoben, und zwar sowohl bei den Anhängern der Demokraten als auch bei republikanischen Wählern. Der Bedrohung durch Cyberangriffe aus dem Ausland messen die US-Amerikaner parteiübergreifend ebenfalls eine hohe Bedeutung bei. Weitgehende Übereinstimmung besteht zudem bei der Gewichtung der Themen Terrorismus, Macht und Einfluss der Volksrepublik China und der Verbreitung von Nuklearwaffen. Der eigentliche Unterschied auf der außenpolitischen Ebene bleibt jedoch „America first“.

Für die Mehrheit der republikanischen Wähler ist die Zusammenarbeit mit anderen Ländern vom globalen Klimaschutz über die Bewältigung zwischenstaatlicher und ethnischer Konflikte bis hin zur Entwicklung der Weltwirtschaft deutlich weniger wichtig als für die Demokraten. Das erklärt den konfrontativen und kompromisslosen Stil des Präsidenten im Umgang mit dem Ausland. Von seinen treuen Wählern wird Trump für die anhaltende Kritik an multilateralen Organisationen und Abkommen als „Teflon-Präsident“ gefeiert. Zwar trifft er mit diesem Ansatz den Geschmack seiner loyalen Anhänger; mit den traditionellen Kernpositionen republikanischer Politik hat sein Vorgehen aber nur wenig zu tun.

 

Die hilflose Partei des Präsidenten

Sicherlich lag Donald Trump mit den 2017 beschlossenen Steuererleichterungen und mit der Deregulierung zahlreicher Auflagen für Unternehmen noch klar auf der republikanischen Linie; die Handelskonflikte mit Europa und China, Sanktionen, Exportbeschränkungen und Importzölle sind mit den wirtschaftsliberalen Grundpositionen der Partei aber kaum vereinbar. Auch die NATO steht im Weißen Haus heute deutlich stärker in der Kritik als unter konservativen Vorgängerregierungen. Bill Weld, in den neunziger Jahren Gouverneur von Massachusetts und einer der wenigen (allesamt völlig aussichtslosen) republikanischen Gegenkandidaten des US-Präsidenten, erklärte vor seinem Ausscheiden im März: „Ich erkenne die Partei heute kaum wieder – zumindest nicht die Partei in Washington D.C.“

Natürlich setzen sich die Republikaner bereits seit Jahrzehnten damit auseinander, wie libertäre und sozial-konservative Positionen parteiintern in Einklang gebracht werden können. Das Problem ist heute aber, dass die Anhänger des US-Präsidenten nicht einer bestimmten konservativen Denkschule folgen, sondern der Person Donald Trump. Inzwischen sind vier Jahre vergangen, in denen ein breiter politischer Diskurs über die künftige Richtung der Konservativen vermieden wurde. „Die Republikanische Partei macht irgendwo ein Nickerchen“, meinte bereits 2018 der frühere Sprecher des Repräsentantenhauses John Boehner. Nach dem 3. November wissen wir, ob sich die Konservativen in den USA damit einen Gefallen getan haben.

 


 

Paul Linnarz ist Leiter des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung für die USA mit Sitz in Washington D.C.

 


 

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