Lorenz Hemicker erinnerte an den Befund des Inspekteurs des Deutschen Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, von Ende Februar, das deutsche Militär sei lediglich bedingt einsatzbereit. Der General stellte – so Hemicker - die militärische Gefechtsbereitschaft seiner Truppe infrage und zitierte dessen Aussage: „Die Optionen, die wir der Politik zur Unterstützung des Bündnisses anbieten können, sind extrem limitiert“. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs warb auch Hemicker für eine Neuausrichtung der deutschen Verteidigungspolitik: „Die Politik muss nun vorangehen. Jetzt gibt es Notwendigkeiten, die Bundeswehr zu stärken.“ Mit Blick auf die Debatte über deutsche Beiträge zur Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte und eine mögliche Bewertung dieser Aktivitäten durch das Putin-Regime, Deutschland als Kriegspartei zu betrachten, bemerkte er: „Was die Amerikaner liefern, können wir bedenkenlos ebenfalls liefern.“
Dem Vorhaben, ein Pflichtjahr für junge Frauen und Männer, das die Komponente eines Dienstes in der Bundeswehr enthalten könnte, erteilte Hemicker eine klare Absage: „In einem solchen Fall müssten zivile Träger und die Bundeswehr neue Strukturen schaffen. Zehntausende Menschen – unter ihnen viele Berufs – und Zeitsoldaten – wären daran beteiligt, diesen Prozess zu organisieren und ausschließlich als Ausbilder zur Verfügung zu stehen.“
Oberstleutnant Tilman Engel stellte das von ihm geleitete Pilotprojekt vor, das verloren gegangene Kontakte zwischen der Wirtschaft und den Streitkräften wiederherstellen und neue Kontakte knüpfen soll, um qualifizierte Männer und Frauen für den Dienst in der Reserve zu gewinnen. Wie wichtig die Reserve für die Bundeswehr und die Gesellschaft sei, habe sich unlängst während der der Coronavirus-Krise erwiesen. Angesichts der möglichen Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine komme starken Reserve-Kapazitäten eine Schlüsselfunktion zu. Die Bundeswehr sei für den Fall der Fälle darauf angewiesen, die aktiven Kräfte um einen Anteil von 50 Prozent mit Reservisten zu verstärken. Da kein Spannungsfall vorliege, sei die Bundeswehr derzeit auf Freiwilligkeit angewiesen. Engel erläuterte, dass viele Arbeitgeber als „Corporate Citizens“ durchaus über einen Appell an ihre „gesamtgesellschaftliche Verantwortung“ motiviert werden können, Mitarbeiter für Dienstzeiten in der Reserve freizustellen.