Country reports
Park Geun-hye (geboren am 2. Februar 1952) ist die Tochter von Park Chung-hee, der von 1963 bis zu seiner Ermordung 1979 das Präsidentenamt inne hatte und dessen Amtszeit allgemein als Entwicklungsdiktatur gilt. Infolgedessen verbrachte sie einen Großteil ihrer Kindheit und Jugend in Kontakt zum Präsidentenamt und übernahm später, nach dem Attentatstod ihrer Mutter 1974, darüber hinaus die Funktion der First Lady Südkoreas.
Seit 1998 nahm Park anlässlich ihrer Wahl ins Parlament selbst aktiv am politischen Geschehen auf nationaler Ebene teil. Im Jahre 2004 brachte ihr der von ihr geleitete Wahlkampf ihrer Partei den Spitznamen „Election Queen“ ein. Auf diesen Triumph folgte im Jahre 2008 eine Niederlage, als Park das Rennen um die Präsidentenkandidatur knapp gegen den parteiinternen Rivalen und heutigen Präsidenten Lee Myung-bak verlor. Beobachter der Wahlkampagne sahen die Ursache ihrer Niederlage damals hauptsächlich darin, dass sie eine Frau ist.
Nichtsdestotrotz hat Frau Park nie ihre Absicht aufgegeben, ihre politische Karriere mit dem höchsten Amt im Staat zu krönen. Nach einer schweren Krise ihrer konservativen Saenuri-Partei (bis Februar 2012 Hana-ra-dang oder Grand National Party) wurde sie Ende 2011 kommissarische Parteivorsitzende. Zur großen Überraschung vieler Koreaner gelang es ihr, die zerstrittene Partei hinter sich zu bringen und zu einem unerwarteten, wenn auch knappen Sieg bei der Parlamentswahl am 11. April zu führen. In den Medien war daraufhin von einer Rück-kehr der „Queen of elections“ die Rede. Dies ebnete den Weg für die Kandidatur Parks, die in vielen, wenngleich nicht allen, Umfra-gen, nach heutigem Stand im Dezember mit den meisten Stimmen rechnen könnte.
Schatten der Vergangenheit und interne Gegner
Trotz der beschriebenen politischen Erfolge werden die Diskussionen um ihre Präsidentschaftskandidatur vor allem in Bezug auf ihre Rolle als Tochter von Park Chung-hee geführt. Die ältere Generation verbindet den Vater mit dem wirtschaftlichen Aufstieg Koreas und hofft, dass die Tochter den erreichten Wohlstand sichern und einen weiteren Aufschwung herbeiführen kann. Für ei-nen Teil der jungen Generation und große Teile des linken politischen Spektrums hat es hingegen einen bitteren Beigeschmack, dass die Tochter des ehemaligen Diktators bei demokratischen Wahlen antritt, ohne sich – nach deren Meinung - ausreichend von ihrem Vater distanziert zu haben.
Aber auch parteiintern spürt Park Gegenwind. Eine Gruppe von Politikern aus der zweiten Reihe, die z.T. selbst zu den Präsidentschaftswahlen antreten möchten, fordert eine Änderung der parteiinternen Regeln zur Vorwahl des Kandidaten. Park erfährt jedoch großen Rückhalt in der Partei. Dies zeigt sich daran, dass aktuell die bedeutendsten politischen Ämter, die die Sae-nuri-dang zu vergeben hat (Vorsitzender, Generalsekretär und Fraktionsvorsitzender im Parlament) von ihren Unterstützern besetzt sind. Folglich ist für Park das aktuell gemischte Vorwahlsystem, in dem immerhin ca. die Hälfte der Stimmen von Parteimitgliedern kommt, günstiger als ein offenes Vorwahlsystem, in dem der Einfluss der Parteigremien reduziert werden würde.
Park Geun-hye hat sich bisher strikt gegen die Änderungsvorschläge gewehrt, was je-doch nicht zu einem Abflachen der Diskussion führte. Aufgrund ihrer geringen Kompromissbereitschaft werfen ihr Kritiker sogar ein diktatorisches Verhalten in Bezug auf die Entscheidung über die Wahlregelungen vor. Diese Äußerungen sind im Hinblick auf die autoritäre Präsidentschaft ihres Vaters be-sonders brisant.
Neben diesen Debatten treten Diskussionen über die Möglichkeit einer Frau im Präsidentenamt in den Hintergrund. Wenige negative Äußerungen von Parks Gegnern über ihre Rolle als Frau und Präsidentschaftskandidatin gelangten in die Schlagzeilen. Ein als Anhänger von Präsident Lee geltender Sae-nuri-Politiker stellte öffentlich Park-Geun-hyes Führungsqualitäten in Frage und begründete dies damit, dass ein Staat, der sich offiziell noch im Krieg befindet, unmöglich von einer Frau regiert werden könne. Befürworter Parks erklären den Kommentar als Mittel möglicher Gegenkandidaten, die Park ihren Erfolg der letzten Monate missgönnen. Sie selbst antwortete darauf mit dem Statement: „Is there still a person who thinks against (a female president) in the 21st century?“
Gesellschaftliche Stellung der Frau in Südkorea
Erscheint die Aussicht auf eine Präsidentin zunächst als positives Zeichen bezüglich der Stellung der Frau in Südkorea, weicht dieser Eindruck zu Teilen erheblich von der alltäglichen Lebenswelt der meisten südkoreanischen Frauen ab. Vielmehr ist die koreanische Kultur auch heute noch geprägt von Ungleichheiten zwischen Mann und Frau in zahlreichen Lebensbereichen, obwohl das Thema Gleichberechtigung schon nach Ende der japanischen Kolonialzeit 1945 politisch aufgegriffen wurde.
So wurde bereits in der südkoreanischen Verfassung von 1948 niedergelegt, die Gleichberechtigung in Beschäftigungsverhältnissen, Bildung und allen Bereichen des privaten Lebens zu fördern. Die Thematisierung von Gleichberechtigung auf Verfassungsebene war nicht die einzige politische Maßnahme dieser Art in der Geschichte Südkoreas. 1985 wurde der “Equal Employment Act“ mit der Intention verabschiedet, die Gleichberechtigung der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt zu verbes-sern. 1995 entstand der “Women's Deve-lopment Act” gegen die Diskriminierung von Frauen. Ziel war es, die öffentlichen Organe in die Verantwortung zu nehmen, und die Situation der Frau im öffentlichen Leben zu verbessern. Schließlich wurde 2001 ein Ministerium für Gleichberechtigung als zentrales Regierungsministerium gegründet.
Diese Maßnahmen belegen, dass eine Auseinandersetzung mit dem Thema zumindest in Ansätzen stattgefunden haben muss. Jedoch besteht eine große Kluft zwischen den für Gleichberechtigung werbenden politischen Maßnahmen einerseits und der realen Situation von Frauen am Arbeitsmarkt sowie im privaten Leben andererseits. Da einige der Initiativen bereits mehrere Jahrzehnte zurückliegen, lässt sich diese Diskrepanz auch nicht damit erklären, dass vom Beschluss bis zu einem sichtbaren Ergebnis meist einige Zeit vergehen muss. Die Organisation „Social Watch“ kam 2012 im Rahmen einer Untersuchung zum Thema Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau zu folgenden Erkenntnissen über den Grad an Gleichberechtigung in der koreanischen Gesellschaft.
Mittels Datenmaterial aus den drei Bereichen Bildung, Wirtschaft und politische/gesellschaftliche Macht, wurde ein Index zur Messung von Gleichberechtigung ermittelt. In Bezug auf Südkorea fällt besonders der Unterschied zwischen den verschiedenen Kategorien auf. Herrscht laut Index noch ein mittleres Level von Gleichberechtigung in Bezug auf Bildung (84 von 100 Punkten), fällt die unterschiedliche Situation von Männern und Frauen in wirtschaftlicher Beteiligung und Ermächtigung mit 68 bzw. 41 von 100 Punkten deutlich größer aus. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Studie des Korean Women’s Development Institute. Auf einer Bewertungsskala von null bis eins erreichte die Katego-rie „Treffen von Entscheidungen“ lediglich einen Wert von 0,116 während der Wert für Bildung immerhin bei 0,796 lag.
Eingeschränkte Erwerbstätigkeit und Gehaltsgefälle
Gründe für die abweichende Entwicklung von Gleichstellung in den einzelnen Bereichen lassen sich erkennen, wenn man einen genaueren Blick auf die vorherrschenden Umstände des südkoreanischen Arbeitsmarktes wirft. Prägend für Korea ist, dass die Beschäftigungsrate für Frauen trotz vergleichsweise hoher Bildung - 32% haben einen tertiären Bildungsabschluss - relativ niedrig ausfällt. Zwar stieg die Erwerbstätigkeit unter Frauen im Jahre 2009 auf 60%, sie liegt damit jedoch 11% unter dem OECD-Durchschnitt und erheblich unter der Erwerbstätigenrate von südkoreanischen Männern (86%). Dass sich dies weiter manifestiert, begründet sich unter anderem darin, dass auch junge gut ausgebildete Frauen davon betroffen sind. Beispielsweise werden nur 8,5 Prozent der Universitätsabsolventinnen von Südkoreas zehn größten Firmen angeworben. Dies bedeutet den Verlust einer großen Karrierechance für die restlichen Absolventinnen.
Eine mögliche Erklärung für die relativ geringe Zahl an erwerbstätigen Frauen ergibt sich aus der südkoreanische Arbeitsplatzkultur und somit der Situation, der Frauen im Berufsleben gegenüberstehen. Ein Problem bezüglich der Erwerbstätigkeit stellt die hohe zeitliche Belastung dar. So arbeiten 90% der südkoreanischen Männer über 40 Stunden pro Woche (im OECD-Durchschnitt arbeiten nur 76% der Männer so viel). Dies verdeutlicht die Anforderungen, die an Arbeitnehmer gestellt werden. Zwar arbeiten Frauen in Südkorea im Schnitt mit 77% etwas weniger, sie liegen damit aber mehr als 25% über der durchschnittlichen Arbeitszeit von Frauen anderer OECD-Länder.
Ursache für diese hohe Arbeitsbelastung ist, dass in Südkorea eine Erwartungshaltung herrscht, die verlangt, das Privatleben hinter dem Beruf zurückzustellen. Das Resultat sind lange Arbeitszeiten, die oft auch unbezahlte Überstunden mit einschließen. Diese Anforderungen können Frauen, die gleichzeitig den Haushalt führen und die Kinder betreuen müssen, kaum erfüllen.
Neben der eingeschränkten Erwerbstätigkeit südkoreanischer Frauen ist ein großes Gehaltsgefälle zwischen Männern und Frauen zu beobachten. So verdienen Frauen durchschnittlich 40% weniger als ihre männlichen Kollegen. Vor allem eine Mutterschaft erweist sich in Bezug auf das Gehalt als deutlicher Nachteil, da der Lohn sich oftmals nicht allein nach Leistung, sondern nach zeitlicher Zugehörigkeit zu einem Unternehmen bemisst. Scheidet man für einen gewissen Zeitraum aus dem Arbeitsverhältnis aus, muss künftig ein geringeres Gehalt in Kauf genommen werden, ungeachtet dessen, ob die Ursache in der Kinderfürsorge liegt.
Je länger Frauen vom Arbeitsplatz fern bleiben, desto schwieriger gestaltet sich der Wiedereinstieg für sie, oftmals ist ihnen eine Rückkehr schlichtweg nicht möglich. Als Alternative bleibt teilweise nur ein schlecht bezahlter Job im informellen Sektor. Frauen, die sich dieser Tatsache bewusst sind, sehen sich deshalb immer öfter vor die Entscheidung zwischen Familie und Karriere gestellt.
Die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen in der Arbeitswelt zeigt sich auch dadurch, dass berufstätige Frauen sich zu einem Drittel in befristeten Arbeitsverhältnissen befinden. Im Zusammenhang damit steht auch, dass Frauen in Wirtschaftskrisen deutlich schneller ihren Job verlieren als ihre männlichen Kollegen, die sich öfter in unbefristeten Verträgen und damit weniger krisenanfälligen Arbeitsverhältnissen befinden.
Neben all den strukturellen Problemen in der südkoreanischen Arbeitswelt manifestiert sich die Ungleichheit vor allem darin, dass Frauen kaum Leistungs- oder Führungspositionen innehaben. Nach einem Bericht eines globalen Beratungsunternehmens befindet sich Südkorea am unteren Ende der internationalen Skala, wenn es um den Frauenanteil in Vorständen geht. Frauen besetzen lediglich ein Prozent dieser Posten. Da es in der Verantwortung der Unternehmensführung liegt, Umstrukturierungen vorzunehmen, bleiben Veränderungen oftmals aus und das vorherrschende System manifestiert sich weiter.
Kultur und Tradition als Ursachen?
Eine Ursache für die ungleiche Situation zwischen Frauen und Männern im heutigen Südkorea liegt in der koreanischen Tradition des Konfuzianismus begründet. So besagt die konfuzianische Geschlechterideologie, dass Frauen Männern eindeutig unterstellt und für den häuslichen Bereich zuständig sind. Die Überwindung dieser traditionellen Denkweise gestaltet sich schwierig, da viele Männer in der manifestierten Ordnung einen Vorteil für sich erkennen und um ihre Stellung fürchten, sollte es zu gesellschaftlichen Umbrüchen bezüglich der Geschlechterrollen kommen.
Die Stabilität des traditionellen Rollenbildes im heutigen Südkorea erklärt sich u.a. dadurch, dass generationenübergreifende Unterdrückungsverhältnisse oftmals von beiden Seiten verinnerlicht und folglich als gegeben angenommen werden. Unterstützt werden solche Prozesse zusätzlich durch Sprache, Recht und Bildungsinhalte, die traditionelles Denken absorbiert haben und somit Ideologien im Laufe der Zeit manifestieren. Dies ist auch in der koreanischen Gesellschaft zu beobachten. Ein Großteil der koreanischen Frauen scheint sich mit ihrem Status als „Bürger zweiter Klasse“ und einer Reduktion zur Hausfrau abgefunden zu haben und reagiert auf die Situation mit Passivität anstelle von Aufbegehren. Die niedrige Selbsteinschätzung zeigt sich auch darin, dass sich Frauen, nach ihrer Schichtzugehörigkeit befragt, oftmals als Unterschicht definieren, wohingegen Männer sich tendenziell eher als Teil der Mittelschicht bewerten.
Das Äquivalent zur Rolle und Primärpflicht der Frau als gute Hausfrau und Mutter bildet auf männlicher Seite das Bild des tapferen Soldaten. In Korea herrscht u.a. bedingt durch die Geschichte der Teilung des Landes eine starke Militärkultur vor. Als Soldaten erfahren viele südkoreanische Männer großen Respekt, den sie oftmals auch im alltäglichen Leben einfordern.
Der privilegierte Status von Männern entsteht auch durch die Bevorzugung der Söhne und spielt in der südkoreanischen Gesellschaft eine große Rolle in Bezug auf die Gleichstellung von Mann und Frau. Gelingt es einer Familie beispielsweise nicht, eine gute Ausbildung für alle Kinder zu finanzieren, wird der Junge in der Regel den Vortritt vor seiner Schwester haben, und somit bleiben dem Mädchen bestimmte Chancen verwehrt. Begründet liegt dieses Verhalten in bestimmten Funktionen, die wichtig für die traditionelle koreanische Familie sind und nach diesem Verständnis von den Töchtern nicht erfüllt werden können. Es geht hierbei um die Erhaltung der Abstammungslinie und die Fürsorge im Alter. Obwohl sich die Lebensumstände in Südkorea während der letzten Jahrzehnte stark verändert haben, ist dieser Glaube in vielen Familien erhalten geblieben.
Die Auswirkungen des traditionellen Denkens lassen sich sowohl im beruflichen als auch im gesellschaftlichen Leben erkennen. So wird Frauen der Zugang zu bestimmten Bereichen der Gesellschaft, wie hohen politischen oder wirtschaftlichen Ämtern, verwehrt oder erschwert, da Frauen in Führungspositionen als Widerspruch zum herrschenden Frauenbild erscheinen. Weibliche Arbeitnehmer werden folglich systematisch aus der Karriereförderung ausgeschlossen, weil ihr Aufstieg in den männerdominierten Führungsetagen nicht als erstrebenswert gilt. Da Frauen kaum an der Macht oder an Entscheidungsprozessen teilhaben, werden sie nicht positiv berücksichtigt und weiter benachteiligt.
Aufgrund des traditionellen Rollenbildes wird dieses Ungleichgewicht nicht wahrgenommen bzw. als ungerecht empfunden. So bleiben Frauen oft nur die Randgebiete des Arbeitsmarktes, um einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Frauen befinden sich tendenziell deutlich häufiger als Männer im informellen Sektor, in kleinen Firmen oder im schlecht bezahlten Service-Bereich. Dies verlangsamt zusätzlich eine mögliche Ver-änderung, da eine Beeinflussung gesellschaftlicher Strukturen aus dieser Position um ein Vielfaches schwieriger ist, als wenn Frauen gleichmäßig in allen Bereichen der Arbeitswelt vertreten wären.
Erschwerend kommt hinzu, dass Frauen im Falle einer Mutterschaft einer enormen Doppelbelastung ausgesetzt sind. Hieraus ergibt sich eine weitere Quelle von Ungleichheit. Zu berücksichtigen ist, dass sowohl der südkoreanische Staat als auch die Wirtschaft bisher nur wenige Strukturen geschaffen haben, die den Frauen ein Beibehalten der Berufstätigkeit bzw. einen Wiedereinstieg ermöglichen. Das Bild der natürlichen Arbeitsteilung der Geschlechter in der patriarchalisch geprägten Gesellschaft führt weiterhin dazu, dass Frauen oft nicht auf die Unterstützung ihrer Ehepartner hoffen können, um die Doppelrolle erfolgreich zu bewältigen. Diese Umstände wirken auf Frauen teilweise extrem abschreckend, weshalb sie sich dazu gezwungen sehen, eine Entscheidung zwischen Beruf oder Familie treffen zu müssen.
Fehlende Rollenmodelle – schwache Frauenbewegung
Durch die beschriebene Mangel von Frauen in Führungspositionen fehlen entsprechende Vorbilder für die jüngere Generation bezüglich einer selbstbestimmten Lebensgestaltung. In der Öffentlichkeit präsent sind vor allem Frauen im Unterhaltungsbereich. Dort findet eine extreme Betonung der weiblichen Merkmale statt, sodass die Differenzen zwischen Mann und Frau betont werden. Das Frauenbild in der Unterhaltungsindustrie führt somit eher zu einer Etablierung bzw. Neuinterpretation des traditionellen Frauenbildes anstatt Anstoß zu Emanzipation und Veränderung zu geben.
Die Ursache dafür, dass diese Missstände bisher keinen allzu großen Stellenwert in der politischen bzw. öffentlichen Debatte haben, könnte in der vergleichsweise schwachen Frauenbewegung Südkoreas liegen. In vielen westlichen Gesellschaften wurde ein Wandel im Geschlechterverhältnis maßgebend durch eine starke und vor allem öffentlichkeitswirksame Frauenbewegung seit den 1960er Jahren angestoßen. Dieser starke Motor für Gleichberechtigung fehlt im südkoreanischen Emanzipationsprozess. Zwar bildeten sich auch in Südkorea Gruppierungen, die für die Rechte der Frauen eintraten, allerdings waren diese immer mit nationalistischen Themen verknüpft.
Die ersten Frauenrechtlerinnen kämpften nicht nur um ihre eigenen Rechte, sondern auch um die Eigenständigkeit Koreas. Ähnlich verhielt es sich mit der südkoreanischen Frauenbewegung in den 1980er und 1990er Jahren. Feministische Gruppierungen solida-risierten sich mit den Forderungen nach Demokratie. Auch wenn diese Verknüpfung von Bürgerrechtsbewegungen sinnvoll und notwendig gewesen sein mag, verloren ihre Forderungen für die Rechte von Frauen dadurch an Aufmerksamkeit. Nachdem der Demokratisierungsprozess in den 1990er Jahren erfolgreich zu verlaufen schien, wurde vielerorts der Erfolg der Frauenbewegung prophezeit. Im gleichen Zeitraum etablierte sich die Frauenforschung auch als wissenschaftliche Disziplin an südkoreanischen Universitäten. Nichtsdestotrotz blieb der erwartete Erfolg bis heute aus.
Künftige Entwicklung des Geschlechterverhältnisses: Schrittmacher Politik, Bremser Wirtschaft?
Ungeachtet der Tatsache, dass bisher kein grundlegendes Umdenken in Bezug auf Gleichberechtigung der Geschlechter stattgefunden hat, lassen sich in einzelnen Gebieten positive Entwicklungen erkennen. Besonders in Hinblick auf den staatlichen Bereich ist eine Verbesserung der Stellung südkoreanischer Frauen, genauer: ihrer Integration in Entscheidungsprozesse und Führungspositionen, zu erkennen.
Daraus lässt sich eine positive Tendenz für die Gleichberechtigung von Mann und Frau in Südkorea ableiten. Beispielswiese ernannte die traditionell konservative Armee 2012 erstmals Frauen zu Marine-Offizieren. In einem so stark von Männern dominiertem Gebiet ist diese Maßnahme als Anzeichen für ein beginnendes Umdenken bezüglich der Geschlechterrollen zu deuten.
Noch klarer wird dies bei Betrachtung des Anteils an Parlamentarierinnen in der süd-koreanischen Nationalversammlung. In den vergangenen Jahren hat die Anzahl weiblicher Parlamentarier kontinuierlich zugenommen, wenn sie auch bis heute, verglichen zu Parlamenten anderer Staaten, sehr gering ist (aktuell 13,7 Prozent). Trotz der langsamen Verbesserungen lässt ein Anstieg der Frauen in einem bisher von Männern dominierten Parlament auf einen Impuls für gesetzliche Maßnahmen zur Gender-Thematik hoffen.
Da das Frausein in der Wirtschaft oftmals lediglich unter dem Aspekt zusätzlicher Kosten betrachtet wird, muss von staatlicher Seite Unterstützung geboten werden, damit Frauen sich leichter in wirtschaftliche Prozesse integrieren können. Weiterhin lässt ein steigender Frauenanteil in der Politik auf eine Veränderung der Machtverteilung zwischen den Geschlechtern hoffen. Die weiblichen Mitglieder engagieren sich zunehmend aktiver im parlamentarischen Prozess: So wurden beispielsweise 21 Prozent der Gesetzesinitiativen von ihnen erbracht. Beschränkte sich ihr Engagement zunächst noch auf klassische Frauenthemen, beteiligen sie sich zunehmend auch in den Bereiche Wirtschaft und Finanzen.
Sollte es den weiblichen Parlamentariern gelingen, sich in diesen Bereichen zu etablieren, könnte dieser Trend mittel- oder langfristig von der Politik auf die Wirtschaft übergehen und folglich die Stellung der Frauen und ihren Machteinfluss gesamtgesellschaftlich stärken.
Hingegen scheint die Situation in der privaten Wirtschaft noch deutlich statischer zu sein. Während von Jahr zu Jahr mehr junge Südkoreanerinnen hochqualifiziert von den Universitäten auf den Arbeitsmarkt drängen, scheint nahezu keiner Frau der Vorstoß in die Führungs- und Vorstandsebene zu gelingen. Auf den niedrigeren Ebenen sind sie zudem Benachteiligungen gegenüber ihren männlichen Kollegen ausgesetzt. Bisherige Maßnahmen der Regierung, die Benachteiligung zu mildern, konnten nur mäßige Erfolge aufweisen. Dies gilt umso mehr, wenn sie den freiwilligen Charakter einer Empfehlung haben. Als Beispiel wäre die freiwillige Frauenquote für Unternehmen zu nennen.
Diese Situation gibt Anlass dazu, dass Verbesserungsinitiativen in der Wirtschaft ansetzten sollten, da es gilt, eine Grundvoraussetzung für Südkoreas wirtschaftlichen Erfolg in der Zukunft zu schaffen. So wird es im Hinblick auf künftiges Wirtschaftswachstum nötig sein, dass speziell die Unternehmen ihre Politik und Einstellung überdenken, um das Potential, welches südkoreanische Frauen in sich bergen, zu nutzen, anstatt sie wie bisher zu übergehen. Dies wird auch notwendig sein, um mit einer altern-den Gesellschaft in einer globalisierten Welt konkurrenzfähig zu bleiben.
Deshalb muss sich speziell die Arbeitsplatzkultur ändern. Konkret bedeutet dies, dass Firmen Arbeitsplätze familienfreundlicher, d.h. flexibler gestalten müssen. Zudem muss der Staat Strukturen schaffen, die Familien unterstützen, beginnend von Kinderbetreuung, über rechtlichen und sozialen Schutz für Mütter bis hin zu finanzieller Unterstützung. In Sachen Kinderbetreuung sind zumindest Ansätze erkennbar. So waren kostenlose Betreuungsplätze ein Punkt der letzten Wahlkampagne der Saenuri-Partei. In der Praxis allerdings gelingt es kaum, genügend Plätze zur Verfügung zu stellen.
Weiterhin muss dem Arbeitsmarkt-Dualismus Südkoreas entgegengewirkt werden. Frauen müssen aus der Niedriglohnfalle befreit werden und die gleiche faire Chance auf eine Karriere und Selbstverwirklichung erhalten wie ihre männlichen Kollegen. An den Stellen, an denen der Arbeitsmarkt nicht selbstregulierend wirkt, muss der Staat ausgleichend eingreifen. Ein möglicher Ansatz wäre, Frauen verstärkt Zugang zu höheren Positionen im Staatsapparat zu verschaffen und eine gesetzliche Frauenquote (für Vorstände von Unternehmen) einzuführen. Dies könnte helfen, um Schranken zu öffnen und Frauen eine Chance zu bieten sich in Führungs- sowie Entscheidungspositionen zu bewähren.
Neues Gesellschaftsbewusstsein als Voraussetzung für Gleichberechtigung
Aber systematische Veränderungen alleine können keine deutliche Verbesserung der Situation von Frauen in Südkorea leisten. Bereits an den Ursachen ist zu erkennen, dass eine Vielzahl der Probleme in Bezug auf Gleichberechtigung eng mit der traditionellen Wahrnehmung von Frau und Mann verknüpft sind. Daraus ergibt sich die Kon-sequenz, dass neben den genannten systematischen Maßnahmen, die ohne Zweifel nötig sind um zeitnah zumindest erste Verbesserungen zu erzielen, vor allem eine Bewusstseinsveränderung herbeigeführt werden muss. Wenn man den Blick darauf richtet, wie sich eine Bewusstseinsveränderung über die Rolle der Frau in der südkoreanischen Gesellschaft herbeiführen ließe, könnte eine Präsidentin, wie Park Geun-hye, dazu einen entscheidenden Beitrag leisten.
Park Geun-hye als Vorbild für die Südkoreanerinnen?
Hier stellt sich die Frage, warum Park die berufliche Karriere vorweist, die so vielen anderen Frauen trotz ihrer hohen Qualifikationen nicht gelingt. Ihren Erfolg hat Park sicherlich zu einem großen Teil ihrem guten Gespür für das Politikgeschäft zu verdanken. Dennoch dürfte ihr Erfolg, der den meisten anderen Frauen verwehrt bleibt, zu einem weiteren Teil auch darin liegen, dass sie durch ihren Vater von Kindesbeinen an in den entsprechenden Kreisen verkehrte. Dies öffnete ihr die Türen zu den Führungseliten der Politik, was aber nicht bedeutet, dass sie dadurch von allen genderspezifischen Problemen befreit ist. Zum Beispiel könnte ihre Entscheidung gegen eine Familie ein Indiz dafür sein, dass auch für Park Familie und Karriere nicht vereinbar schienen, womit sie da Schicksal zahlreicher Frauen teilt.
Kritiker im Kampf um die Präsidentschaftskandidatur werfen ihr vor, sie sei nicht geeignet, da prinzipiell keine Frau Staatsoberhaupt Südkoreas werden könne, solange das Land geteilt sei. Park ist bisher souverän genug aufgetreten, um derlei absurde Vorwürfen gelassen zu übergehen. Diese Souveränität ist um so bemerkenswerter, wenn man die sich in Form und Inhalt am Rande der groben Unhöflichkeit bewegenden Empfehlungen liest, die der Kommentator der englischsprachigen „Korea Times“ in dieser Woche Frau Park für den kommenden Wahlkampf gab: „If she wears skirts, shows some leg and smiles broadly, it will work magic. I bet.“.
Eine Präsidentin Park Geun-hye könnte einen wichtigen Part einnehmen, um einerseits politische Programme zur Gleichberechtigung vorantreiben und andererseits eine größere Öffentlichkeit für die Problematik der systematischen Benachteiligung von Frauen schaffen. Zudem ist sie ein mächtiger Gegenpol zum herkömmlichen koreanischen Frauenbild.
Wäre sie als Präsidentin in den nächsten Jahren in der Öffentlichkeit präsent, könnte dies zur Folge haben, dass Frauen in Führungspositionen selbstverständlicher werden und dieser Trend von der Politik auf die Privatwirtschaft übergreift. Sie könnte ihre Präsenz gezielt nutzen, um als Vorbild für gut ausgebildete, ehrgeizige Frauen zu erscheinen. Damit dies möglich ist, müsste ihr Bild in den Medien aber deutlich stärker durch ihre eigene Persönlichkeit bestimmt werden als es aktuell der Fall ist. In Berichten wird sie häufig als Tochter des ehemaligen Präsidenten beschrieben und somit wieder nicht als selbstständige Frau, sondern in Zusammenhang mit einem Mann beurteilt.
Welche Bedeutung es für Südkorea hat, dass das Staatsoberhaupt erstmals weiblich sein könnte, wird kaum beachtet. Auch Park Geun-hye scheint ihrer Rolle als Frau öffentlich keine große Aufmerksamkeit zu schenken. Dabei könnte eine bewusste Thematisierung des Gender-Aspektes von großer Bedeutung sein. Für sie selbst wäre es der Schlüssel zur jungen Generation, zu der sie, wie Untersuchungen zum Wählerverhalten anmuten lassen, so schwer Zugang findet. Für Korea wäre es eine Chance, die gesellschaftlichen Strukturen an die bereits fortgeschrittene Modernisierung des Landes in anderen Bereichen anzupassen.