Hier können Sie das Zeitgeschichte Aktuell zum Parteiensystem der Weimarer Republik als PDF herunterladen.
Auf einen Blick
- Seit geraumer Zeit ist die Frage zu hören, ob sich Deutschland wieder Weimarer Verhältnissen nähere. Hintergrund dieser Fragestellung sind mehrere Entwicklungen, die das Parteiensystem betreffen: die Zunahme der im Bundestag vertretenen Parteien, das Auftreten einer rechtsradikalen Partei, der Niedergang der sogenannten Volksparteien und damit einhergehende Schwierigkeiten bei der Koalitionsbildung.
- In Deutschland hatten Parteien seit ihrer Entstehung im 19. Jahrhundert lange Zeit kein hohes Ansehen. Galten die Parteien doch als partikulare Vertretungsorgane einseitiger Interessen, als dogmatisch, kompromissunfähig und verantwortungsscheu. Der Staat verkörperte demgegenüber die Gesamtheit und Einheit der Nation.
- Nachhaltig wurden die Parteien durch das vor 1918 bestehende Verfassungssystem geprägt. Da ihnen Mitwirkungsrechte bei der Regierungsbildung verwehrt blieben, mussten sie sich auch nicht an der Politik einer von ihnen mitgetragenen Regierung ausrichten und waren somit nicht zur Zusammenarbeit mit anderen Parteien und zur Kompromissfindung gezwungen.
- Mit der Niederlage im Ersten Weltkrieg ging Deutschland vom konstitutionellen Obrigkeitsstaat zum parlamentarischen System über. Das ausgeprägte Misstrauen gegen ein befürchtetes übermächtiges Parlament führte zur Konstruktion eines starken, direkt gewählten Reichspräsidenten, der die Macht des Reichstags einschränkte.
- Die Weimarer Republik war geprägt von der Aufsplitterung des Parteiensystems. Die Spaltung der Arbeiterbewegung während des Krieges in SPD und USPD sowie 1920 die des politischen Katholizismus in Zentrum und Bayerische Volkspartei (BVP) machte – ebenso wie das Auftreten radikaler Flügelparteien, der KPD und später der NSDAP, und verschiedener Interessenparteien – das Parteiensystem heterogener und diffuser.
- Da es keine Sperrklausel gab, waren im Reichstag bis zu 15 Parteien vertreten. Keine Partei erlangte in der Weimarer Republik jemals die absolute Mehrheit der Stimmen oder Mandate. Auch die NSDAP verfehlte in der Märzwahl des Jahres 1933 mit 43,9 Prozent deutlich die absolute Majorität.
- Die Mehrheitskoalitionen waren instabil und hielten nie eine ganze Legislaturperiode. Die Regel wurden bürgerliche Minderheitsregierungen, die meist von der SPD toleriert wurden.
- Die Unterschiede der Bundesrepublik zur Weimarer Republik sind offenkundig. Denn die im Bundestag vertretenen demokratischen Parteien sind alle untereinander gesprächs-, koalitions- und kompromissfähig. Die für einige Weimarer Parteien kennzeichnende Verantwortungsscheu und die Tendenz zur Obstruktion sind der Bereitschaft zur Übernahme politischer Verantwortung gewichen.
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Nicht selten bedürfen aktuelle Debatten zeitgeschichtlicher Fundierung. Das Wissen um die Ursprünge und Hintergründe von Konflikten ermöglicht auch ein besseres Abwägen und Entscheiden. Vor diesem Hintergrund besteht gerade in der Politik ein großer Bedarf an Orientierung. Dabei möchte die Abteilung Zeitgeschichte unterstützen. Mit der Publikationsreihe „Zeitgeschichte AKTUELL“ werden aktuelle Diskurse identifiziert und die historischen Hintergründe und Zusammenhänge erläutert.
Prof. Dr. Matthias Oppermann
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Stv. Leiter Wissenschaftliche Dienste / Archiv für Christlich-Demokratische Politik, Leiter Zeitgeschichte
Dr. Kathrin Zehender
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