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Christliche Demokratie in Europa und der Welt
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Warum ist die CDU die deutsche Europa-Partei?
Wie keine andere Partei in Deutschland hat die CDU seit der Gründung der Montanunion im Jahre 1951 die Integration der europäischen Mitgliedstaaten vorangetrieben. Die entscheidenden Wegmarken der europäischen Einigung gehen auf christlich-demokratische Politiker wie Konrad Adenauer und Helmut Kohl zurück. Sie stehen für die Sicherung von Frieden und Freiheit im vereinten Europa, für die Stärkung der europäischen Institutionen und die deutsch-französische Freundschaft.
Christlich-demokratische Werte prägen heute die Europäische Union. Daran hat die CDU maßgeblichen Anteil. Ihre Philosophie lautet, die freiheitlich-demokratische Grundordnung, die Rechts- und Sozialstaatlichkeit als Fundamente der europäischen Gemeinschaft zu verteidigen. Das Modell der Sozialen Marktwirtschaft, von Ludwig Erhard und Alfred Müller-Armack entwickelt, hat Eingang in die europäische Politik gefunden.
Als Gestalterin europäischer Maßnahmen und treibende Kraft in der Familie der europäischen Volkspartei tritt die CDU seit über einem halben Jahrhundert für die Vertiefung der Integration, eine politische Union, ein. Die Überwindung der Teilung Deutschlands und das Ende der Spaltung Europas sind Früchte des Einsatzes christlich-demokratischer Politiker. Die Entwicklung Europas zu einem Kontinent des Friedens, der Freiheit und des Wohlstands war keineswegs selbstverständlich. Der Wiederaufbau Europas nach dem Zweiten Weltkrieg ist historisch beispiellos. In den mehr als vierzig Jahren, in denen die CDU in der Regierungsverantwortung stand, hat sie wesentlich zu dieser Entwicklung beigesteuert.
Welchen Beitrag leistete die christlich-demokratische Politik bei der Aussöhnung der Völker Europas?
Nach 1945 ist es gelungen, der Bundesrepublik Deutschland ein neues und positives Ansehen in der Welt zu geben. Das ist das große Verdienst von Konrad Adenauer. Seine Partei, die CDU, trug ganz entscheidend dazu bei, die innerstaatliche Nachkriegsordnung neu zu konzipieren. Konrad Adenauers Politik der Aussöhnung mit Frankreich und die Stabilisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse waren für die Einigung Europas von ganz besonderer Bedeutung.
Schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg trafen sich christliche Demokraten, um angemessene Antworten auf die Probleme der Nachkriegsjahre zu finden.
Erste Kontakte nach 1945 wurden im sog. „Genfer Kreis“, der aber nicht an die Öffentlichkeit trat, geknüpft. Fast zeitgleich entstanden 1947 die Nouvelles Equipes Internationales (NEI), die den ersten institutionellen Rahmen für die Zusammenarbeit bildeten. Die Umwandlung der NEI 1965 in Europäische Union Christlicher Demokraten (EUCD) markierte den Übergang von einer Phase der Konsultationen zu einer echten gemeinsamen Politik. Die EUCD und die CD-Fraktion im Europäischen Parlament bereiteten die Gründung der Europäischen Volkspartei 1976 vor. Allerdings blieb den Mitgliedsländern der EUCD, die nicht zur EG gehörten, die Mitgliedschaft in der EVP verwehrt; die EUCD existierte also weiterhin. Außerdem führte der Streit über die Öffnung für konservative und liberale Kräfte 1978 zur Gründung der Europäischen Demokratischen Union (EDU), die sich als „Arbeitsgemeinschaft der christlich-demokratischen und anderen nicht-kollektivistischen Parteien“ verstand. Somit arbeiteten nach der Gründung der EVP drei europäische CD-Organisationen (EVP, EUCD und EDU) nebeneinander; die CDU/CSU war in allen dreien Mitglied. Erst 1999 ging die EUCD in der EVP auf, die EDU folgte ihr 2002.
Die Christliche Demokratie war, wie der Historiker Jan-Werner Müller schreibt, die wichtigste politische Innovation der Nachkriegszeit, und eine der zentralen Ideen des 20. Jahrhunderts überhaupt. Die Christliche Demokratie hat die Annäherung der Konfessionen erfolgreich in die Wege geleitet. Die Gründer der europäischen Gemeinschaft waren im Wesentlichen christlich-demokratisch geprägte Politiker. Sie haben es geschafft, in Europa nach 1945 eine geistig-moralische Erneuerung der Gesellschaften zu bewirken. Alle Probleme, so Konrad Adenauer, bedürften einer europäischen Lösung. Zu den dringendsten Problemen gehörten damals der kommunistische und nationalistische Einfluss. Eine europäische Lösung bestand darin, den Nationalstaaten Souveränitätsrechte zu nehmen und sie an eine supranationale Körperschaft zu übertragen. Damit konnten Rückfälle in autoritäre Staatsstrukturen und in die ideologisch motivierte Barbarei totalitärer Systeme verhindert werden. Zugleich war dies ein zentrales Element europäischer Selbstbehauptung im Ost-West-Konflikt.
Weshalb ist die Deutschlandpolitik der CDU zugleich europäische Friedenspolitik?
In den 1970er Jahren erlitt die europäische Solidargemeinschaft einen schweren Rückschlag, weil einzelne Staaten nicht mehr willens waren, weiter in die Einigung Europas zu investieren. Unter der Kanzlerschaft von Helmut Kohl erfuhr das europäische Projekt eine Wiederbelebung. Für ihn war Europa ein Geschichts- und Kulturraum sowie eine Wertegemeinschaft: „Wir wollen neue Wege zur Einigung Europas öffnen. Die europäische Idee hat Versöhnung über die Grenzen hinweg geschaffen und den Grundstein für eine dauerhafte Friedensordnung in Europa gelegt. Europapolitik war und ist immer zuerst eine Politik für den Frieden in Freiheit. Das müssen wir wieder mehr als bisher ins Bewusstsein unserer Bürger bringen“, heißt es in der Regierungserklärung 1982.
Neue Wege wurden in der Tat erkennbar: Die „Eurosklerose“ konnte in Kohls Amtszeit überwunden werden. Im Februar 1988 erzielten die Staats- und Regierungschefs unter dem Vorsitz des deutschen Kanzlers zudem eine Einigung über das Delors-Paket. Dies bedeutete eine Reform des Finanzpakets, der gemeinsamen Agrarpolitik und des Strukturfonds. Auch die Deutschlandpolitik Helmut Kohls, ausgerichtet auf Pragmatismus und die Orientierung am Konsens, verstand sich in diesem Sinne als europäische Friedenspolitik. Integrationspolitische Initiativen fanden in enger Kooperation mit Paris statt, und die deutliche Verbesserung der deutsch-amerikanischen Beziehungen unterstrich das Bekenntnis zum westlichen Bündnis. Helmut Kohl knüpfte damit an die große außenpolitische Tradition der Ära Adenauer an. Er verstand es, konstruktive Ansätze der Europapolitik, von der Ostpolitik bis hin zur Währungspolitik, zu bündeln und weiter zu entwickeln.
Vor allem die Wiedervereinigung ist ein weltgeschichtliches Ereignis, das wie kein zweites zur Friedenssicherung in Europa beigetragen hat. Diese politische Linie hat Bundeskanzlerin Angela Merkel fortgesetzt und sich kontinuierlich für die Schaffung neuer Vertragsgrundlagen engagiert, um den europäischen Einigungsprozess nicht ins Stocken geraten zu lassen. Auf neue Herausforderungen wie den Beitritt der MOE-Staaten sowie die Wirtschafts- und Finanzkrise konnte dementsprechend schnell reagiert werden.
Fazit
Am Beginn der europäischen Einigung standen die Friedenssicherung durch vertragliche Übereinkunft, die wirtschaftliche Zusammenarbeit und die gemeinsamen ökonomischen Interessen. Durch den Wiederaufbau der Industrien und die Schaffung eines gemeinsamen Marktes konnte der Wohlstand der europäischen Staaten gemehrt werden. Unter Berufung auf die europäische Menschenrechtskonvention entwickelten sich zunächst die westlichen Staaten Europas zu Gesellschaften in Frieden und Freiheit. Ihnen folgten 1989 auch viele Staaten des ehemaligen Ostblocks. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und eine pluralistische, freiheitliche Grundordnung traten an die Stelle von Krieg, Chaos und kommunistischer Gewaltherrschaft.
Über Jahrzehnte hinweg hat sich die Christliche Demokratie in Deutschland für die europäische Einheit in Vielfalt erfolgreich eingesetzt und dabei stets politische und soziale Verantwortung übernommen.
Jürgen Nielsen-Sikora
Literatur:
Jan-Werner Müller: Das demokratische Zeitalter : eine politische Ideengeschichte Europas im 20. Jahrhundert. Berlin 2018.