Netzkultur - Leben in der digitalisierten Gesellschaft
Vorwärts in die Vergangenheit? Mit dem Überfall von Putins Armeen auf die Ukraine ist die alte Schimäre vom Ende der Geschichte unwiderruflich dahingegangen. Und es wächst die Befürchtung, dass der unvorstellbare Gewaltakt gegen ein Vierzig-Millionen-Volk das Ende der Zukunft einläuten könnte, wie wir sie uns ausgemalt hatten. Statt schmiegsamer Visionen von Netzwelten, die sich nebulös in Clouds verflüchtigen, stehen Panzer und Kanonen im Mittelpunkt unserer Wahrnehmung. Die bunte Tech-Party ist gecrasht, und das Schwelgen in technokratischer Selbstevidenz hat sich entlarvt. Nach dem „Realitätsschock“ (Friedrich Merz) geht es darum, wieder Zugriff auf eine Welt zu bekommen, die chaotisch und bedrohlich ist und sich eben nicht allein durch durchtoolisierte Prozesse ordnen lässt. Eine technokratische Sicht ist selten darauf gerichtet, dass Menschen etwas Besonderes sind. Doch genau daraus speist sich christlich-demokratisches Denken. Es muss darum ringen, Nähe zum Alltag zu gewinnen – mit seinen Erfahrungen und Nöten. Wenn unsere aktuelle Ausgabe, die vor dem Kriegsausbruch konzipiert worden ist, sich dem Thema Netzkultur widmet, dann geht es ihr weniger um technische Fragen oder die kommunikativen Defizite von Politik-Accounts, sondern vielmehr um ein vertieftes Verständnis der sich verändernden Lebenswelt. Die Vitalität der Netzkultur besitzt in ihrer Faszination wie in ihren Gefährdungen enorme Energien. Sie kann durchaus zu gemeinsamen Wegen nach vorn mobilisieren. Trotz Putin darf diese Zukunft nicht zu Ende sein.